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"Nicht mehr wegzudenken"

Infozentrum Migration und Arbeit feiert zehnjähriges Jubiläum

Präsentieren die Gedanktafel für den verstorbenen Hristo Vankov, nach dem ein Raum im Infozentrum benannt ist(von links): Uwe Sonntag (Prokurist der Beratungsdienste der Arbeiterwohlfahrt gGmbH), Verena Dietl, Gülseren Demirel, Julia Sterzer, Dimitrina Lang sowie Sevghin Mayr (Einrichtungsleitung). (Bild: AWO München-Stadt)

Vor mehr als zehn Jahren eröffnete sich, durch die europäische Freizügigkeit, der Zugang auf den deutschen Arbeitsmarkt für osteuropäische Arbeitende aus Rumänien und Bulgarien. Diese Chance auf ein vermeintlich besseres Leben haben viele ergriffen und sind nach München gekommen. Aber diese Menschen, ohne höhere Qualifizierung, mit nur geringen Sprachkenntnissen, landeten oftmals in einer schlimmeren Situation als der, aus der sie sich auf den Weg gemacht haben. Damals wie heute werden sie oft zu fragwürdigen Umständen als Tagelöhner ausgebeutet, haben in vielen Fällen keine ordentliche Unterkunft und sind auch nicht versichert.

Besonderer Ort in der Sonnestraße

Deshalb hat sich die Stadtpolitik vor zehn Jahren, Verena Dietl, dritte Bürgermeisterin und Gülseren Demirel, Landtagsabgeordnete, waren maßgeblich mit daran beteiligt, entschieden für diese Menschen eine Anlaufstelle, das Infozentrum für Migration und Arbeit, zu finanzieren. Nah am sogenannten "Arbeiterstrich" im südlichen Bahnhofsviertel ist in der Sonnenstraße 12a ein Ort entstanden, der Beratung, Begegnung, Unterstützung und manchmal nur einen Raum zum Verbleiben anbietet. Im Herbst 2015 kam dann das Beratungscafé, gefördert durch das Sozialreferat, Amt für Wohnen und Migration, hinzu.

"Ein Stück Heimat finden!"

Gemeinsam wurde nun das zehnjährige und sechsjährige Bestehen und die erfolgreiche Arbeit mit zahlreichen Gästen und Ratsuchenden gefeiert. Verena Dietl, dritte Bürgermeisterin, hob in ihrer Rede bei der Feier hervor, wie wichtig diese Entscheidung vor zehn Jahren war. "Denn es ist auch dem Infozentrum für Migration und Arbeit zu verdanken, dass München die Zuwanderung so gut verkraftet und diese Menschen durch die angebotene Arbeit ein Stück Heimat finden!" Sie sprach sich auch dafür aus, dass es dieses Zentrum und auch das Beratungscafé brauche und "es nicht mehr wegzudenken" sei.

"Die Zahlen sprechen für sich"

Mehr als 4.000 Beratungen finden in den Räumen des Infozentrums und Beratungscafés, aber manchmal auch auf der Straße, wo diese Menschen sich aufhalten, jährlich statt. Niederschwellig in den Sprachen Bulgarisch, Rumänisch, Türkisch, Englisch und Deutsch unterstützen die Sozialarbeitenden die Ratsuchenden, um sie in Arbeit zu bringen. "Die Zahlen sprechen für sich", erklärte Dr. Petra Schütt, Referat für Arbeit und Wirtschaft, Abteilung kommunale Beschäftigungspolitik und Qualifizierung, "mehr als 800 Personen konnten so in eine reguläre Arbeit gebracht werden." Auch die breite Vernetzung des Infozentrums mit anderen Bildungsträgern, die gemeinsam mit dem gesamten Team für den Erfolg des Projektes sorgt, sprach sie an.

Bedarf angepasst

Gülseren Demirel, Landtagsabgeordnete Bündnis 90/Die Grünen betonte in ihrer Rede, dass Beratung und Hilfestellung für Arbeitssuchende in prekären Lebenssituationen auch eine Angelegenheit der Landespolitik ist, und nicht nur der Stadt München. Dimitrina Lang, Vorsitzende des Migrationsbeirats der Stadt München, erinnerte die mehr als 60 Gäste der Eröffnungsfeier daran, wie leicht den Zuwandernden ein negatives Bild zugeordnet wird aus ihren eigenen Erfahrungen als Mensch mit Migrationshintergrund. Sie wies darauf hin, dass die Einrichtung sich stets am aktuellen Bedarf der Ratsuchenden anpasse, was sich nicht zuletzt durch die kürzlich eingeführten regelmäßigen Beratungen für ukrainische Geflüchtete zeige.

Gedenken an Hristo Vankov

Die Räumlichkeiten des Infozentrums sind über die Jahre auch ein Begegnungsort für interkulturelle Vereine, wie die Deutsch-Rumänische Gesellschaft SGRIM oder die bulgarische Musikgruppe Bulgarka geworden. Aber auch der eigene Einsatz von Ratsuchenden war und ist maßgeblich: Daher wurde im Rahmen des Festes, zu Ehren eines langjährigen Ratsuchenden eine Gedenktafel eingeweiht, mit der einer der Räume nun in "Hristo-Vankov-Raum" umbenannt wurde, um dem leider früh verstorbenen, zu gedenken und zu danken. Hristo Vankov setzte sich gemeinsam mit anderen wohnungslosen Münchner Bürgerinnen und Bürgern für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen ein. Seine eigene Betroffenheit von Obdachlosigkeit macht seinen Einsatz ganz besonders schätzenswert. Mehr Infos zum Projekt unter www.awo-muenchen.de im Internet.

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