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Krieger und Veteranen aus Allach und Untermenzing in und nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918)

Stadtteilhistoriker Dr. Walter G. Demmel berichtet

An der Erinnerung an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren kommt im Jahr 2014 niemand vorbei. Die Medien berichten ausführlich und bilderreich darüber, Ausstellungen mit vielen alten Fotos werden angeboten, ständig erscheinen neue Bücher zum Thema und auch im Internet ist vieles darüber zu erfahren. Dieser Artikel betrachtet bewusst nur die heimische Szene und versucht, über die Originalprotokolle unserer beiden Krieger- und Veteranenvereine in Allach und Untermenzing, die dankenswerterweise von Herrn Tausch für Allach und Herrn Rothwinkler für Untermenzing zur Verfügung gestellt wurden, die Ereignisse und die Stimmung auf dieser Ebene einzufangen. Das Denken an 1914 erinnert uns daran, wie man in den beiden Gemeinden Allach und Untermenzing mit dem Ersten Weltkrieg umging.

Josef Grandl, der 1938 letzte Bürgermeister von Untermenzing (WS v. 17.07.2013, S. 22), hatte den Krieg überstanden wie viele, die gekämpft hatten und verwundet wurden, viele aber hatten „auf dem Feld der Ehre", wie man damals sagte, den „Heldentod" gefunden, der viel Leid in die Familien brachte.

Die hier gezeigte Kriegs-Chronik für Josef Grandl scheint mancher oder jeder Soldat erhalten zu haben, der zum Kriegsende „ehrenvoll" aus dem Heeresdienst entlassen wurde. Diese Erinnerung an seine Soldatenzeit erhielt Josef Grandl zu seinem Ausscheiden aus dem bayerischen Heer des Ersten Weltkriegs.

Der im Bild (1) schwer lesbare Text lautet: „Er verließ die Heimat am 6.8.1914 und hatte Anteil an den Kämpfen seines Truppenteils im Feldzug gegen Frankr.- Insbesond.: Ab 26.8.1914: Schl. v. Nancy-Epinal.-22.11.14: Gefechte: Nördl.Arracourt.-9.10.14: Bei Haclauville.-7.1.15: Bei Arracourt.-Ab 23.10.17: Beim 13. B. Inf.Rgt.5.Kp.-Ab 20.5.16: Beim 1.B.Ldw.Inf.Rgt.11. Kp.-Ab 24.10.1917: Beim 2. B. R.Inf.Rgt.- Kreigs- u. Garnisondienste. – Infolge der allgem. Demobilmach'g vom Heeresdienst ehrenv. entlassen am 21.11.1918."

Für die Erinnerung an den Krieg und seine Gefallenen scheinen überall im Land die Krieger- und Veteranenvereine zuständig gewesen zu sein. So auch in Allach und Untermenzing, wobei die Allacher den Untermenzingern in der Gründung um zwei Jahrzehnte voraus waren. So schreibt die Allacher Vereins-Chronik, dass im Jahr 1890 die Teilnehmer der Kriege von 1866 (Preußisch-Deutscher Krieg) und 1870/71 (Deutsch-Französischer Krieg) zusammen einen Verein gründen wollten. Der Verein wurde dann am 21.09.1890 im Gasthaus „Unterer Wirt", dem späteren Gasthof Wagner, von damals 52 Mitgliedern, darunter auch einigen Untermenzingern, gegründet.

Bei der Mobilmachung zum 1. August 1914 (Bild 2) und in folgenden Monaten mussten viele Vereinsmitglieder einrücken. Der Allacher Chronik ist zu entnehmen, dass damit viele Beiträge wegfielen, die im Feld stehenden Kameraden mit „Packln" unterstützt wurden und Fronturlauber jeweils 1 Liter Bier und 3 Würste erhielten. Und weiter: „Am 26. Januar 1919, nach Beendigung des 1. Weltkrieges, hielt der Veteranen- und Kriegerverein Allach zu Ehren der heimkehrenden Krieger einen Dankgottesdienst ab, an dem 300 ehemalige Soldaten teilnahmen." Der anschließende Festzug bewegte sich durch die ganze Gemeinde Allach.

1921 wurde durch den Bürgermeister Josef Rieger (1920-1933) der Münchner Bildhauer Willy Maurer mit der Herstellung des Allacher Kriegerdenkmals beauftragt. Im folgenden Jahr errichtete man in Zusammenarbeit mit dem Pfarrer Kuhn im Allacher Friedhof ein Kriegerkreuz.

Am 29. Mai 1922 war der große Festtag zur Enthüllung des Kriegerdenkmals, das in der Dorfmitte seinen Platz gefunden hatte und Jahre später an die Ecke Höcher/Baumstänglstraße (Bild 3) versetzt wurde. Der „Pasinger Landbote" bot dazu eine blumenreiche und heimatvolle Schilderung und lobte schon den morgendlichen Himmelsbogen in prächtigem Bayrisch-Blau als „schönsten Schmuck für ein kernbayerisches Fest, zu Ehren treubayerischer Helden, die für ihr geliebtes Vaterland in den Tod gegangen" waren. Alle Veteranen- und Kriegervereine der näheren und weiteren Umgebung und alle Vereine Allachs hatten sich zum Fest eingefunden. Dem Ablauf kann hier nicht weiter nachgegangen werden, die abschließenden Worte seien jedoch zitiert: „Damit fand der kirchliche und offizielle Teil des Festes... seinen Abschluß; ein Festteil, der in spontaner Weise Zeugnis ablegte, wie sehr in der Gemeinde Allach Liebe und Dank unvergänglich wurzeln für ihre Söhne, die um den Heimatboden gestritten, gelitten und geblutet haben." So also die Allacher.

22 Jahre nach der Gründung des Allacher Vereins war es dann auch in Untermenzing soweit. Am 9. Juni 1912 versammelte man sich nach einer Sitzung der Allacher, an der wie immer auch Untermenzinger Veteranen teilgenommen hatten, in der Trinklschen Wirtschaft und unterzeichnete mit erheblichen Gründungsbeiträgen von Josef Grandl, Josef Hintermeier, Georg Trinkl sen., Josef Sattler, Joachim Grandl, Josef Schmid, Georg Trinkl jun., Georg Höfner und Mathias Hintermeier. Man kann die Genannten als Gründer des Vereins bezeichnen. Die folgende Sammlung in Untermenzing brachte nochmals viel Geld und viele weitere Gründungsmitglieder. Schon einige Tage später versammelte man sich im Gemeindeschulhaus, bestellte in aller Eile eine Fahne und wählte die Vorstandschaft mit Josef Grandl als ersten Vorstand. Anschließend wurde eine Versammlung für den 30. Juni festgelegt und als Gründungstag der 30. Juni 1912 festgesetzt. So das vorliegende Protokollbuch, das die Jahre 1912 bis 1934 umfaßt. Der 8. September wurde zum Festtag der Fahnenweihe mit Tagesappell, Zug zum Festplatz, Expositus Kuhn hielt eine Ansprache und weihte die enthüllte Fahne nach der Feldmesse. Die Trinklsche Wirtschaft nahm alle Teilnehmer zum Festmahle auf.

Am 6. August 1914 fand J. Grandl einige Worte für das, wie er sagte, kleine, aber wichtige Protokoll: „Es war am 5. August 1914, als wir in der Trinklischen Gastwirtschaft den großen traurigen, aber damals doch den begeisterten Abschied hielten und in jedem die Kriegswut brannte. Da wurde eine große Abschiedsrede gesprochen, in der es hieß, ihr könnt ruhig ins Feld ziehen, es wird für euch daheim schon gesorgt. Was aber bald darauf sehr zu wünschen übrig ließ." Bald darauf (siehe Bild 1) musste auch J. Grandl in den Krieg ziehen. Nach der unerwartet langen und schrecklichen Kriegsdauer traf man sich am 8. Februar 1919 wieder in der Trinkleschen Wirtschaft (Dampfsäge) und plante relativ kurzfristig die Begrüßungsfeier der zurückgekehrten Krieger, die dann mit aller Feierlichkeit bereits am 23.Februar 1919 begangen wurde. Auf eine ausführliche Darstellung des Ablaufs des Festtages, der im Protokoll beschrieben wird, muß hier leider verzichtet werden. Vor der Dampfsäge versammelte man sich, zog dem Dorf entgegen zum Triumphbogen, hörte die Ansprache von Bürgermeister Josef Schmid (1900-1927) und beging in St. Martin den feierlichen Dankgottesdienst für die heimgekehrten Krieger. Das opulente Festmahl mit Stockwürsten, Suppe, Rindfleisch und Kalbs- und Schweinsbraten fand dann wieder in der „Trinklischen" Gastwirtschaft statt. Am 24. Februar 1919 folgte dann der Seelengottesdienst für die gefallenen Kameraden unter Teilnahme aller lebenden, Pfarrer Kuhn hielt eine „rührende Ansprache", im Vereinslokal frühstückte man, zu Mittag war man bei Freibier und gutem Essen in der „Grünen Eiche" eingeladen, man unterhielt sich prächtig und spielte dann Schafkopf und Tarock – unter Beteiligung der Polizei - bis spät in die Nacht. Eine Gedenkfeier für die gefallenen Kameraden?

Das Untermenzinger Kriegerdenkmal (Bild 4) wurde zu einer schweren Geburt. Am 23. Januar 1921 war davon zum ersten Mal die Rede, am 21. Juni des Jahres machte man sich Gedanken über den Platz, am 30. Oktober legte der Bauunternehmer Korbinian Beer zwei Skizzen vor und man wurde sich einig, das Kriegerdenkmal, das heute vor der Grundschule Pfarrer-Grimm-Straße steht, an der Ecke Eversbusch/Willstätterstraße aufzustellen. Damals gehörte der Grund einem Herrn Wägerle. Am Pfingstsonntag, dem 8. Juni 1924, um 7 Uhr begann mit der Aufstellung des Festzuges der große Tag der Kriegerdenkmal-Enthüllung. Auch hier müssen wir uns die originale Beschreibung entgehen lassen. Nach dem Weckruf um 6 Uhr trafen die vielen Vereine ein, stellten sich zum Festgottesdienst auf und marschierten mit Musik zum Denkmalsplatz. Nach mehreren Ansprachen übergab Vorstand Grandl das Denkmal der Gemeinde Untermenzing, legte im Namen des Vereins einen Kranz nieder. Auch dieser Tag fand seinen Abschluß zu später Stunde im Vereinslokal. Nun hatte auch Untermenzing sein lang geplantes Kriegerdenkmal.

Beide Gemeinden hatten zahlreiche im Krieg gefallene Väter und Söhne zu beklagen, viele Kriegsteilnehmer wurden verwundet. In dieses Wissen um den Ersten Weltkrieg mischt sich bereits die Trauer um die Toten des Zweiten Weltkriegs und um das Leiden der noch Lebenden.

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