Wochenanzeiger München Wir sind Ihr Wochenblatt für München und Umland

Kein Ermessensspielraum

Air Liquide: RGU bemüht sich um transparentes Verfahren

Noch immer steht nicht fest, ob der Standort für das geplante Gasabfülllager der Firma Air Liquide in der Ludwigsfelder Straße 168 genehmigt oder abgelehnt wird. Entsprechende Informationen gab nun das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) bekannt. „Wir bitten diesbezüglich nochmals um Verständnis für die Rolle des RGU, das als Untere Immissionsschutzbehörde und somit federführende Genehmigungsbehörde auf Basis der bestehenden Rechtslage verpflichtet ist, neutral zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Genehmigung einer derartigen Anlage am beantragten Standort gegeben sind oder nicht“, erklärt Umweltreferent Joachim Lorenz. Man habe hierbei keinen Ermessensspielraum. Bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen müsse die Anlage genehmigt werden. Es bestehe demnach keine rechtliche Möglichkeit die Standortwahl des Antragstellers zu beeinflussen. Zudem sei auch ein Entscheidungsrecht des Stadtrats im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht gegeben.

Weitere neutrale Prüfung des Gutachtens

Von Seiten des RGU besteht nach eigenen Angaben aber ein hohes Interesse, die Bezirksausschüsse 10, 23 und 24 und somit auch die Bürger über den aktuellen Sachstand der Bearbeitung des Antrages zu informieren, „um ein für alle Seiten transparentes Verwaltungsverfahren zu gewährleisten.“ Im Hinblick auf mögliche Störfallszenarien im Rahmen des Vollzugs der Störfallverordnung sei der TÜV in einer gemeinsamen Besprechung mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) und dem RFU im Dezember vergangenen Jahres um eine Ergänzung des vorliegenden Gutachtens gebeten worden. Durch die Einbindung des LfU ist es nach Ansicht des städtischen Referates gewährleistet, „dass neben dem RGU auch durch diese Fachbehörde eine neutrale Prüfung des Gutachtens erfolgt“, so Lorenz.

Formale Anhörung der Bezirksausschüsse

In diesem Rahmen sei auch darum gebeten worden, dass der TÜV insbesondere auch die von der Bevölkerung vorgetragenen Bedenken im Hinblick auf den ausreichenden Abstand zur nächsten Wohnbebauung, Unfallrisiko auf der Ludwigsfelder Straße, Gefährdung sozialer Einrichtungen in der Nähe der beantragten Anlage konkretisiert beziehungsweise weitere Beurteilungen vornimmt. Eine Ergänzung des TÜV-Gutachtens und Prüfung durch das LFU und RGU könne bis Mitte März erfolgen. Im Anschluss daran ist eine formale Anhörung der Bezirksausschüsse 10, 23 und 24 vorgesehen. „Eine Befassung des Umweltschutzausschusses ist aus heutiger Sicht vor der Sommerpause 2012 vorgesehen“, teilt Lorenz weiter mit und betont: „Vor einer Befassung des Stadtrates wird keine Entscheidung in der Sache getroffen.“

In seiner Dezember-Sitzung hatte der BA 23 in einer Stellungnahme die Einrichtung und den Betrieb der Anlage in der Ludwigsfelder Straße einstimmig abgelehnt. Vor Weihnachten hat es nach Angaben des Umweltreferenten zudem ein konstruktives Gespräch mit der Bürgerinitiative „Gegen Giftgas im Münchner Westen“ gegeben, „um sich über das Verfahren auszutauschen und auch berechtigte Bedenken der Bürgerschaft in das Prüfungs-Verfahren miteinbeziehen zu können“, betont Lorenz.

Ebenfalls kurz vor Weihnachten hat sich der Vorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion, Josef Schmid, in einem offenen Brief an Air Liquide gewandt, mit der Forderung den Standort aufgrund der Nähe zur Wohnbebauung noch einmal zu überdenken. Wenn die Stadtverwaltung einen geeigneten Standort ausfindig mache, könne ein solcher statt der in Allach-Untermenzing beantragte für das Unternehmen in Frage kommen, teilte Schmid mit. Der CSU-Stadtrat hat sich deswegen an den städtischen Wirtschaftsreferenten Dieter Reiter gewandt, mit der Bitte, bei der Ersatz-Standortsuche zu helfen. Er hoffe sehr, dass „eine konsensfähige Lösung erzielt werden kann und der Standort in Allach-Untermenzing durch einen anderen ersetzt wird“, so Schmid.

"Anlage hat im gesamten Stadtgebiet nichts verloren"

Wie die SPD im Münchner Westen unterdessen mitteilt, werde es schon in dieser Woche ein Gespräch mit Dieter Reiter, dem designierten OB-Kandidaten der SPD, und der Firma Air Liquide geben. SPD-Stadtrat Christian Müller erklärt hierzu: „Dazu möchten wir noch einmal unsere Position betonen, die von Herrn Reiter voll und ganz geteilt wird: Eine Anlage, die in Allach nicht genehmigungsfähig ist, hat auch im Stadtgebiet nichts verloren.“ Der Schutz für Bevölkerung stehe an oberster Stelle. Und Dieter Reiter ergänzt: „Ich bin der Bürgerinitiative in Allach persönlich dankbar, dass sie sachlich und mit Augenmaß, aber großem Engagement sich für die Belange der Bevölkerung einsetzt.“ Natürlich hoffe man „jenseits eventuell bestehender Genehmigungsmöglichkeiten durch Bundesrecht im Falle des Falles auf ein Einsehen von Air Liquide.“

Banner-Offensive

Derweil macht auch die Bürgerinitiative „Gegen Giftgas im Münchner Westen“ (BI) weiter mobil. „Solange die Planung der Störfallanlage von Air Liquide auf dem Gelände an der Ludwigsfelder Straße 168 nicht vom Tisch ist, setzen wir alle Hebel in Bewegung“, erklärte BI-Sprecherin Dominique Pauzenberger. Am vergangenen Freitag, 13. Januar, startete die neue Protestaktion „Allach sieht gelb“: An verschiedenen Stellen in Allach-Untermenzing wurden in diesem Zusammenhang die ersten 20 Protestbanner aufgehängt. Damit will die BI „klar und deutlich signalisieren, dass die Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils diese Anlage hier – und überhaupt in einer Großstadt wie München – auf keinen Fall akzeptieren“.

Unterschriftenliste

Schon jetzt habe man über 2600 Unterschriften gegen den Bau der Störfallanlage gesammelt. Die Listen liegen in zahlreichen Geschäften aus. „Es ist noch nichts entschieden“, so der zweite Sprecher der BI, Klaus Billert. „Deshalb fordern wir alle Bürgerinnen und Bürger dringend auf, die BI mit weiteren Unterschriften zu unterstützen. Je stärker der Gegenwind ist, desto größer sind unsere Chancen. Dazu brauchen wir auch Verbände, Vereine und Firmen, die sich auf unserer Homepage als Unterstützer eintragen. Gerade jetzt kommt es auf jede Unterschrift an, damit unser Protest sichtbar wird.“ Auf www.giftgasfreies-allach.org besteht zudem die Möglichkeit, schnell und bequem online zu unterzeichnen. Auf der Homepage gibt es zudem weitere aktuelle Informationen.


Verwandte Artikel

Startseite Anzeige aufgeben Zeitung online lesen Jobs Kontakt Facebook Anfahrt