„Freiheit der Bürger ist entscheidend“
50 Jahre FDP: Henning Clewing erhält Theodor-Heuss-Medaille in Gold
Henning Clewing, Mitglied des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing (BA 23), ist mit der Theodor-Heuss-Medaille in Gold für seine 50-jährige Mitgliedschaft in der FDP geehrt worden. „Als ich damals in die Partei eingetreten bin, war die Situation ähnlich wie heute“, erzählt der 86-Jährige. „Die FDP war aus dem Landtag geflogen und die NPD hatte den Sprung über die fünf Prozent-Hürde geschafft. Da habe ich zu meiner Frau gesagt, das kann so nicht sein und bin in die FDP eingetreten.“
Henning Clewing wohnte zu dieser Zeit, 1966, mit seiner Familie in Germering. „Das ist eigentlich wieder eine Parallele zur heutigen Zeit, denn das Leben in München war damals auch schon zu teuer für viele Familien“, erinnert er sich. Im FDP-Kreisverband Fürstenfeldbruck habe er eine sehr niedrige Mitgliedsnummer gehabt. „Viele Mitglieder gab es nicht, aber die die dabei waren, waren ausgesprochen tüchtige Leute.“ Die FDP sei ihm schon immer sympathisch gewesen, „hauptsächlich wegen ihrer Wirtschaftspolitik“, so der studierte Volkswirt, der eigenen Angaben zufolge schon als Student Anhänger der sogenannte „Freiburger Schule“ war. „Die soziale Marktwirtschaft ist eine wichtige Sache. Und sie war damals noch nicht so selbstverständlich wie heute.“
Mit 23 Jahren habe er bei einer Bundestagswahl zum ersten Mal wählen dürfen, „natürlich die FDP“, betont er. „Abgesehen von der Wirtschaft mag ich an der FDP vor allem die Liberalität. Das ist auch der Hauptgrund, weshalb ich immer noch Mitglied bin“, sagt Henning Clewing. „Und sie ist der Kern, auf den man alles zurückführen kann und muss. Die Freiheit der Bürger ist entscheidend. Man kann vorwiegend selbst darüber entscheiden, was man macht, wie man es macht und warum man es macht. Es gibt niemanden, der mir primär sagt, was ich denken muss.“
Aktiv in der Lokalpolitik
Politisch sehr aktiv ist Henning Clewing im Bezirksausschuss Allach-Untermenzing (BA 23). „Die Arbeit im BA 23 macht sehr viel Spaß“, erzählt der 86-Jährige, der 20 Jahre bei Kauss Maffei in der kaufmännischen Sparte im Bereich Kunststoffmaschinen beschäftigt war. Seit 1981 sitzt er für die FDP im Lokalparlament des 23. Stadtbezirks, „allerdings mit einigen Jahren Unterbrechung, weil wir nicht immer in München gelebt haben“. Mit seiner Tätigkeit als Lokalpolitiker sei er durchaus zufrieden. „Wenn man sich als junger Mensch für Politik interessiert, geht es immer erstmal um das große Ganze. Als wir 1972 von Germering nach München gezogen sind, wurde ich gleich in den BA 23 abgeordnet. Da habe ich überhaupt erstmal meine Neigung zur Lokalpolitik entdeckt“, berichtet Henning Clewing. „Ich fand den Gedanken reizvoll, nicht einfach nur klug daher zu reden, sondern auch gestalten zu können, wenn auch nur in ganz kleinem Maßstab. Aber man hat die Möglichkeit etwas durchzusetzen, was man selbst vorgeschlagen hat. Das ist ein gutes Gefühl.“ Ob er 2019 noch einmal zur Kommunalwahl antritt, weiß Henning Clewing noch nicht. „Im Moment fühle ich mich nicht alt. Aber man weiß nie, was kommt.“
Die Politikverdrossenheit vieler Menschen kann der 86-Jährige nicht nachvollziehen. „Das ist für mich gedanklich nicht zu rechtfertigen“, sagt Henning Clewing. „Politikverdrossenheit hat für mich immer auch mit Faulheit zu tun. Damit kann ich nichts anfangen. Unsere Demokratie in Form einer repräsentativen Demokratie ist gut. Die Leute können selbst etwas tun, indem sie die Menschen wählen, denen sie eine politische Aufgabe am ehesten zutrauen.“
Ehrenamtliches Engagement als Demenzhelfer
Henning Clewing engagiert sich jedoch nicht nur in der Lokalpolitik sondern ist auch als Demenzhelfer im Stadtviertel im Einsatz. Das ist ihm ein persönliches Anliegen, denn seine Frau, die vor knapp drei Jahren verstorben ist, war an Demenz erkrankt. Er selbst hat sie zu Hause viele Jahre gepflegt, auch in Zusammenarbeit mit der Tagesbetreuung „Rosengarten“ und dem Verein „wohlbedacht e.V.“ in der Höcherstraße in Allach. „Meine Frau ist im Rosengarten wunderbar betreut worden“, erzählt er. „Hier ist sie auch gestorben.“ Der Verein bietet regelmäßig Schulungen für Demenzhelfer, Angehörige und Pflegekräfte an. „Ich mag die Leute dort sehr gerne. Sie machen großartige Arbeit.“
Ein Hobby, für das Henning Clewing zudem sehr viel Zeit aufwendet, ist das Orgel spielen, „Kirchenorgel, um genau zu sein“, betont er. „Ich begleite jeden Monat einige evangelische und katholische Gottesdienste im Hans-Sieber-Haus. Manchmal spiele ich auch in der Epiphanias- und Bethlehemskirche.“ In der Kirche Orgel zu spielen, sei schon immer ein Traum gewesen. „Ich hatte aber während meiner beruflichen Laufbahn wenig Zeit, auch wenn ich schon mein ganzes Leben lang Klavier spiele“, sagt Henning Clewing. „Als ich vor 20 Jahren in Rente ging, habe ich einfach den damaligen Pfarrer der Epiphaniaskirche gefragt, ob ich einen Schlüssel haben kann, um auf der Orgel zu üben. Das hat geklappt und so konnte ich anfangen zu üben.“
Brauchbar, aber unbequem
Dass die FDP bei der letzten Bundestagswahl aus dem Parlament geflogen ist, „hat mich sehr geärgert“, erzählt Henning Clewing. „Die FDP war in der Bundesrepublik viele Jahre lang eine prägende Partei, weil es ohne sie nicht ging. Keine der großen Parteien konnte ja ohne Koalitionspartner regieren. Und die FDP war meist ein brauchbarer, wenn auch unbequemer Koalitionspartner, würde ich sagen.“ Für die anstehende Bundestagswahl sieht der 86-Jährige für seine Partei aber wieder gute Chancen in den Bundestag einzuziehen. „Ich denke schon, dass es wieder klappt. Meiner Ansicht nach fehlt eine Partei wie die FDP auch. Und die FDP ist meines Erachtens personell – sowohl bayern- als auch bundesweit – gut aufgestellt.“
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