Die Vesaliusstraße, eine alte Allacher Einkaufsstraße
Stadtteilhistoriker Dr. Walter Demmel berichtet (Teil 2)
Neues ist mir durch Herrn Schönhofer, Vesaliusstr.18, bekannt geworden. In seinem Haus befand sich die Alt-Und Schweinemetzgerei A. Hartl. Wenn man sich das heutige Haus ansieht, ist das alte noch gut zu erkennen, hat aber mit der heutigen Einkaufsstraße als reines Wohnhaus nichts mehr zu tun (Bild 1). Der Eigentümer verkaufte einen Teil des östlichen Grundstücks, auf dem dann ein Wohngebäude mit der Nr. 16b gebaut wurde. Herrn Schönhofers Vater hatte ursprünglich ein unscheinbares Schlossereigebäude direkt an der Würm beim heutigen Fußgänger- und Radfahrer-Steg, früher Schönhofer-Steg, als Fortsetzung der St.-Johann-Straße, wo man auch Pitroff Elektrotechnik findet. Dazu gibt es ein Originalfoto (Bild 2) und ein Bild unseres bekannten Allach-Untermenzingers Malers und Zeichners Hans Zimmermann (Bild 3).
Wenig ist leider zum Feinkostgeschäft Ziegler, Vesaliusstr. 31, bekannt. Herr Ziegler, dessen Mutter das bekannte Geschäft führte, erzählte mir aber von einem Holzhaus an der Ecke Vesalius/ Untere Mühlstraße, das man als Ausgangspunkt der späteren Bonbonfabrik „Kalfany“ in der Reinhard-von-Frankstraße 8, östlich von Krauss-Maffei, bezeichnen kann. Herr Berger, der Begründer, wohnte als Flüchtling bei den Zieglers. Diese Bonbonfabrik bei KM war schon vor längerer Zeit ein Artikel von mir.
In der Vesaliusstr. 32 war, wie mir die aufmerksame Leserin Erna Schmid neben vielem anderen mitteilte, war der Herren- Damenfrisör Gänswürger zu finden. Sie schreibt: „Man ging links am Gebäude über eine kleine Außentreppe durch einen verglasten Eingang in den Laden. Hinter dem Fenster vorne war der Herrenfrisör, in dem Herr Gänswürger arbeitete. Der Damenfrisör unter Leitung von Frau Gänswürger ging zur Westseite in Richtung Sparkasse.“
Zuletzt sei noch auf einige Besonderheiten bezüglich der Platzierung einiger Geschäfte hingewiesen. So ist die Arztpraxis Dr. Engelhard zwar als Vesaliusstr. 14 ausgewiesen, liegt aber um die Ecke in der Franz-Nißl-Straße (Bild 4). Umgekehrt verhält es sich mit dem Gebäude des ehemaligen und gut frequentierten Allacher Damenmodehauses, heute ein besseres Lagerhaus, das an der Vesaliusstraße liegt, aber die Nummer 20 der Nikolaus-Rüdinger-Straße hat. Schräg gegenüber ist die Allacher Apotheke der Familie Drasch an der Vesaliusstraße (Bild 5), hat aber die Nummer 17 der Nikolaus-Rüdinger-Straße.
Frau Schmid erinnert daran, dass in diesem Gebäude der Modesalon Luise Märtins war. „Sie hatte vorher schon den Laden in der Vesaliusstr. 16. Nach dem Krieg eröffnete sie einen zweiten Laden und hatte nun einen Damenmodesalon an der Nikolaus-Rüdinger-Straße. Den ursprünglichen Salon stellte sie dann um auf Kindermoden. Frau Märtens war sehr erfolgreich. Ihr Mann kam als Spätheimkehrer aus Rußland zurück. Er arbeitete nach seiner Rückkehr in den Läden seiner Frau. Herr Märtens spielte mit meinem Vater Schach im Allacher Schachclub. Die lange Kriegsgefangenschaft hatte ihn sehr geprägt, und ich hatte manchmal den Eindruck, dass er danach nie mehr so richtig emotional Fuß fassen konnte.“
Zwei andere wichtige Geschäfts-Häuser der Vergangenheit, an die sich die alten Allacher und Untermenzinger erinnern, finden wir bei den Haus-Nummern 15 und 24. Bei Nr. 15 handelt es sich um das heutige „Vietnam Today“, in dem früher die Firma Greißing alles für den täglichen Haus- und Bürobedarf und für Raucher anbot. Ein weit über Allach hinaus bekanntes Fachgeschäft befand sich auf Nr. 24, der Laden für Haushaltswaren, Werkzeuge, Sanitärbedarf, Eisenwaren, Geschenkartikel, Glas-Porzellan und Spielwaren. Bei Zach (Bild 6) gab es nichts, was es nicht gab. Man konnte mit einer beliebig alten Schraube ankommen und zwei neue verlangen, der alte Zach fand sie und verkaufte die zwei. Ich selbst, der 1972 nach Untermenzing zugezogen war, habe dies und vieles andere wie viele andere noch erlebt. Heute befindet sich im Vordergebäude das Friseurgeschäft „Skyhair“, im Rückgebäude, auch mit der Haus-Nr. 24, die Moschee der Türkisch Islamischen Gemeinde Allach.
Ich hoffe auf weitere Zuschriften auch zu meinen anderen kommenden Artikeln und bedanke mich bei meiner aufmerksamen Leserin, Frau Schmid.
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