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Der Sparverein „Die Gemütlichen“ in Allach-Untermenzing

Stadtteilhistoriker Dr. Walter G. Demmel berichtet

Bild 1 (Bild: Sammlung Demmel)

Der Sparverein „Die Gemütlichen“ Allach-Untermenzing wurde 1904 gegründet. Weit zurück in der Geschichte muss man, wenn man dem Sparverein „Die Gemütlichen“ nachgeht. Er feierte seine 100 Jahre bereits 2004 und gab dazu die 48-seitige Festschrift (Bild 1) heraus, die von Josef Tausch geschrieben und von Annemarie Kenst gestaltet wurde.

Wenn der interessierte Betrachter sich fragt, warum man im damaligen Bauerndorf Allach, in dem sich mit der Diamalt GmbH 1902 die erste große Fabrik ansiedelte, einen Sparverein und noch dazu einen gemütlichen gründete, findet man in der Vereinschronik eine gute Begründung. Der Sparverein Allach wurde von Einheimischen am 23. Juli 1904 gegründet. Die Leitung der Gründungsversammlung mit 18 Anwesenden hatte Georg Stingl, der die Einstimmigkeit für die Benennung „Die Gemütlichen“ (Bild 2) beschließen ließ. Der Verein sah sich als Spar-, Kranken- und Sterbeunterstützungsverein, weil die damals herrschende soziale Unterversorgung auch im örtlichen Bereich einer dringenden Lösung bedurfte. So wollte der Sparverein Allacher Familien vor größter Not bewahren – und das in aller bayerischen Gmiatlichkeit. Die ehrenwerten Gründungsmitglieder waren die Herren Stingl, Schlittmann, Plattner, Schuster, Baumann, Höfer, Obermeier, Liegsalz, Stadler, Nieder, Klein, Müller, Graßl, Schönwetter, Grüssameyer, Doll, Ludwig und Ammerl. Ich musste mich im Allacher Friedhof nach den entsprechenden Gräbern umsehen und fand nach mühsamer Suche die Gräber von Johann Schlittman (1865-1929) und Georg Nieder (1880-1929). Nachdem sich die Herren damals am Vereinsnamen (Bild 2) begeistert hatten, wählten sie Stingl zum Vorstand, Ammerl zum Schriftführer, Obermeier zum 1. Kassier, Schlittmann zum 2., Plattner und Schuster zu Revisoren. Anschließend widmete man sich den Statuten, die dann durchwegs angenommen wurden. Natürlich ging alles nicht ohne einen anständigen Umtrunk, den der Vorstand spendierte. Es wurde spät: 12 12, heute 0.30 Uhr.

Noch im Gründungsjahr kommt es zur Aufnahme von neuen Mitgliedern, fünf Versammlungen und dazu mehreren Ausschutzsitzungen, in denen ein Gründungsfest und die Abhaltung einer Christbaumfeier beschlossen wurde. 1905 erfährt man, dass es in Allach auch einen Radfahrverein namens „Maximilian“ gegeben hat. Und so ging es weiter in den Jahren 1906-1911 mit vielen Veranstaltungen wie einem Stiftungsfest, einem Beitrag an die Kinderkasse, einem Hoch auf den Prinzregenten Luitpold zum 85. Geburtstag, einer Monatsversammlung und einer Generalversammlung am 18.12.1909, bei der ein stolzer Mitgliederstand von 55 Personen bekanntgegeben werden konnte. Dazu kam 1910 die Anschaffung einer neuen Fahne und 1910 die Patenschaft bei der Fahnenweihe des Sparvereins „Deutsche Eiche“ in Lochhausen. Am 29. März 1913 kamen zum Stiftungsfest der Sparverein Eintracht Pasing, Würmtaler Pasing, Sparverein „Deutsche Eiche“, Radfahrer-Verein „Frischauf Allach“ und die Freie Turnerschaft Allach.

Nach diesem durch die Vereinschronik nachgewiesenen Ereignissen folgende Hinweise auf Untermenzing. Im Stadtarchiv München fand ich unter dem Datum 26. März 1906 ein Schreiben an die Gemeindeverwaltung Untermenzing betreffs Anmeldung eines neu gegründeten Sparvereins „Schützenheim Untermenzing“. Der wörtliche Antrag: „Der hochlöbl. Gemeinde Verwaltung wird hiermit angezeigt, daß sich ab 1. Februar unter dem Titel ‚Sparverein Schützenheim‘ in Untermenzing, ein Sparverein mit jetzt 38 Mitgliedern gebildet hat.“ Unter Vorlage der Statuten bittet der Vorstand Josef Madl, der 1908 als Besitzer des Schützenheims „Grüne Eiche“ genannt wird, um Genehmigung. Am 3. April 1906 (Bild 4) schreibt die Gemeindeverwaltung an das Königl. Bezirksamt München mit der Bitte um Genehmigung der Statuten des Vereins. Das BA will die Namen und Stand sämtlicher Vorstandsmitglieder wissen, betont aber, dass eine Genehmigung nicht nötig sei.

Am 31. Mai 1906 meldet die Gemeinde die fünf Vorstandsmitglieder Leonhard Rech (Buchdrucker), Karl Glasbrunner (Wirt), Ludwig Schmid (Kaufmann), Franz Koch (Bahnadjunkt), Johann Loibl (Säger). Von diesen waren zwei aus München, zwei aus Allach und nur einer aus Untermenzing. Der Untermenzinger Wirt Glasbrunner war 1906 Pächter der „Grünen Eiche“, wo der Verein ja zu Hause war. Wo sind sie geblieben? Der Untermenzinger Verein taucht nicht mehr auf, auch die Allacher Chronik erwähnt ihn nicht.

Das Jahr 1914 wurde auch für den Allacher Sparverein zu einem bedeutsamen Jahr. Das 10-jährige Stiftungsfest fand im Februar in der Gastwirtschaft Naßl statt, Ende Juni brach der 1. Weltkrieg aus und von den weit über 100 Vereinsmitgliedern mußten 33 in den Krieg ziehen. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs, in dem auch 10 Vereinsmitglieder an der Front gefallen waren, kam man sehr schnell wieder in die Gänge, verlegte das Vereinslokal vom Bahnhofrestaurant zum Gasthaus Wagner. Die Einweihung des Kriegerdenkmals wurde im März 1922 zum großen Ereignis, man beklagte aber den flauen Besuch der jährlichen Versammlungen. Mühsam übersteht man die Inflation 1923, kann aber mit Pomp 1929 das 25-jährige Stiftungsfest mit einem langen Festzug feiern. 1933 erscheint im Protokollbuch zum ersten Mal der Zusatz „Heil Hitler“, 1937 die Teilnahme an der Schulhauseröffnung in Allach, am 1. Dezember 1938 „feierte man“ die Zwangseingemeindung Allachs nach München. Der Ausbruch des 2. Weltkriegs brachte das beliebte Gartenfest zum Ausfall. Während der Kriegsjahre traf man sich nur in drei Versammlungen, die zum Ende ganz eingestellt und im April 1946 mit der ersten unter dem neugewählten 1. Vorstand Alois Schönwetter wieder aufgenommen wurden.

Am 20. Juni 1954 konnte man in einer imponierenden Festfolge das 50-jährige Gründungsfest feiern. Das zugehörige Foto muß aus Platzgründen leider entfallen. Vom Untermenzinger Sparverein war in all den Jahren bei keiner Einladung vieler Vereine nichts zu sehen. All die Jahre waren aber von Unterstützungsergebnissen, die man sich ja auf die Fahne geschrieben hatte, die Rede. Von den feierlichen Veranstaltungen der vergangenen Jahre ist das 75-jährige Jubiläum, das am 15. Juni 1979 nach altem Brauch gefeiert wurde, besonders hervorzuheben. Auch hiervon gibt es kein Foto. Hervorgehoben werden sollte auch aus historischen Gründen die 50-jährige Mitgliedschaft von Hans Christoph, Josef Königsberger und des ehemaligen Vereinswirts Franz Palme, der 1935 die Bahnhofswirtschaft übernommen hatte. 1989 konnte man 123 Mitglieder vorweisen und bald darauf sich auch über ein Festgeldkonto freuen, das für das 100-jährige Jubiläum angelegt war – mit einer Einlage von 10.000 DM. Zwar wurde 1994 die 90-Jahr-Feier nicht vergessen, aber die folgenden Jahre hatten immer das Jahr 2004 im Visier, in dem das 100-jährige Vereinsjubiläum mit einem Festzelt im Vereinsgelände gebührend gefeiert wurde (Bild 5).

Der Verein soll aber auch weiterhin ein Ort der Gemeinschaft, der Toleranz und Geselligkeit in einer Zeit sein, die einer so verstandenen Gemütlichkeit kaum Platz einräumt. Darum bemühen sich die aktuellen Vorstände Reinhard Frosch, Klaus Trapp, Josef Veit, Herbert Wachmann, Annemarie Kenst und Josef Tausch.


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