Der Hochbunker Franz-Nißl-Straße 53 unter Denkmalschutz und „des Bunkermadl“
Stadtteilhistoriker Dr. Walter G. Demmel berichtet
Wer hoffentlich meine Leidenschaft für den Denkmalschutz kennt, wird sich nicht wundern, wenn ich in diesem Artikel auf ein sehr zeitnahes Objekt hinweise, das auch historisch besonders wertvoll ist. An diesem Beispiel kann auch für den interessierten Bürger aufgezeigt werden, nach welchen Gesichtspunkten eine Überprüfung der Denkmalschutzbehörde stattfindet.
Zunächst aber zu meinem „Bunkermadl“. Frau Anneliese Pangerl (Jg. 1939), die ich auf der Straße ansprach, kannte mich von meinen Artikeln her und erzählte mir, dass sie als Kind ganz in der Nähe des nun denkmalgeschützten Bunkers, nämlich in der Franz-Nißl-Str. 34, gewohnt und diesen bei Fliegeralarm schnellstens aufgesucht habe. Da ihre Eltern sie allein schickten, begrüßte man sie bei ihrem Eintreffen regelmäßig mit dem Ruf: „Des Bunkermadl is scho da.“ Frau Pangerl wäre auch heute noch an einer Besichtigung des Bunkerinneren höchst interessiert. Eine Vorstellung davon hat sie aus ihrer Kindheit noch mitgenommen. Besonders beeindruckt war sie von der sehr engen Toilette.
Das fachlich zuständige Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) hat auf meine Anregung hin den Bunker (Bild 1) geprüft, für denkmalwürdig befunden und in die Denkmalliste eingetragen. Der Gedanke ging von mir aus, wurde von mir in einer Sitzung des BA 23 eingebracht und fand dort eine fast einstimmige Zustimmung. Für meinen Eilantrag in der Bürgerversammlung am 04.07.2019 fand sich auch eine solide Mehrheit, sodass sich auch die Lokalbaukommission überraschend schon am 25.09.2019 damit befasste und anmerkte, dass einschließlich unseres Hochbunkers z.Z. 14 weitere im ganzen Stadtgebiet verteilte Hochbunker in die Denkmalliste eingetragen sind. Vermutlich hat jeder dieser Bunker denkmalwürdige Merkmale vorzuweisen.
Das BLfD als zuständige staatliche Fachbehörde hatte am 18.06.2019 den Bunker besichtigt, um die Denkmaleigenschaft zu überprüfen. In einem Gutachten vom 21.08.2019 stellte das BLfD die Denkmalwürdigkeit des Bunkers auf Grund seiner hohen geschichtlichen Bedeutung fest und hob besonders hervor, dass dieser aus dem Jahr 1942 stammende Bunker mit seiner gesamten technischen Ausstattung nahezu vollständig erhalten ist. Die Lage unseres Hochbunkers, mit Kreis gekennzeichnet, ist dem beigegebenen Bild 2 zu entnehmen. Er ist also leicht an der Einmündung der Feigstraße, benannt nach dem ehemaligen Bürgermeister Michael Feig (1852-1919) der damals noch selbständigen Gemeinde Allach, in die Franz-Nißl-Straße, früher Widweg, ab 1933 Schlageterstraße, ab 1938 Adolf-Wagner-Straße, ab 1947 nach dem Psychiater Franz Nißl (1860- 1919) benannt, zu finden.
Im Folgenden werde ich das Gutachten des BLfD vom 21.08.2019 darstellen und teilweise zitieren. Es benennt den Hochbunker in der Franz-Nißl-Str. 53 als einen viergeschossigen Massivbau mit quadratischem Grundriss, doppelter Freitreppe und Pyramidendach (Bild 3). Mit Recht vermutet wird Karl Meitinger, auf den wir noch zu sprechen kommen, als zuständig für den Entwurf im Jahr 1942 und für die noch erhaltene technische Ausstattung.
Unter dem Punkt Baugeschichte und Beschreibung finden wir die von mir bereits beschriebene und durch einen Plan erläuterte Lage unseres Hochbunkers. Für die Ortswahl ausschlaggebend war die Nähe zu den Krauss-Maffei-Rüstungswerken und aus meiner Sicht auch noch zur Diamalt AG, obwohl diese einen eigenen kleinen unterirdischen Bunker hatte. Auch den Schülern der unmittelbar benachbarten damaligen Adolf-Wagner-Schule diente der Bunker manchmal als Schutzmöglichkeit, obwohl deren Architekt Sep Ruf zum nachträglichen Einbau von Schutzräumen im Keller der Schule verpflichtet worden war.
„Das Gebäudeäußere ist ein schlicht gehaltener, verputzter Bau mit Pyramidendach mit jeweils kleinen rundbogigen Öffnungen zu allen Seiten in vier übereinander liegenden Ebenen. Nur die Nordseite ist mit dem Haupteingang im ersten Geschoss und der doppelläufigen Freitreppe davor anders gestaltet. Eine kleine Türöffnung als Fluchtweg (Bild 4) befindet sich erdgeschossig nach Süden. Der Zugang in den Hochbunker ist im ersten Obergeschoss (Bild 1). Der Grundriss ist in allen Geschossen gleich. Nach Osten gerichtet liegen die Schutzräume, nach Westen die Treppen und die WC-Anlagen. Im Erdgeschoss gibt es eine Heizungsanlage und eine kleine Gas-Schleuse für den Fluchtweg (Bild 5). Im ersten Obergeschoss ist die Schleuse des Hauptzugangs. Im Schutzraum des dritten Obergeschosses ist die Belüftungsanlage eingebaut, die mit manueller Kraft bedient werden kann. Diese Anlage ist bezeichnet mit dem Baujahr 1942.“
Ein weiterer Zeitzeuge, mit dem ich über den Untermenzinger Hochbunker gesprochen hatte, berichtete mir, dass die Bedienung der Belüftungsanlage auf die Dauer auch für einen kräftigen Knaben sehr anstrengend war. Das Bunkerinnere des Allacher Bunkers birgt noch die gesamte technische Ausstattung, sie ist vielleicht noch funktionstüchtig, sicher aber höchst anschaulich.
Bei der Begründung der Denkmaleigenschaft widmet sich die Kommission vor allem der geschichtlichen Bedeutung und weist auf die anderen Hochbunker innerhalb der Landeshauptstadt hin. Nach dem Reichsluftschutzgesetz von 1935 hatte die Stadt München 1937 einen Gefahrzonenplan aufgestellt. Nach den schweren Angriffen vom September 1942 ging der Bau von Luftschutzbunkern schnell voran. Von 1939 bis zum Ende des Krieges wurden in München ca. 21 Hochbunker errichtet, und zwar an Verkehrsknoten, Bahnhöfen und auch in der Nähe von Betrieben. Die Entwürfe dazu fertigte das Münchner Hochbauamt unter Leitung des bereits erwähnten Karl Meitinger. Unser Bunker in der Fanz-Nißl-Str. 53 bildet dazu ein Anschauungsobjekt erster Güte.
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