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Aus der Vergangenheit lernen

Gedenkstunde zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht

Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung erinnerten die Bezirksausschussmitglieder Anna Attenberger, Ingrid Haussmann, Heike Kainz, Alexander Schulz und Christiane Schenk (von links) mit Texten an den 80. Jahrestag der Reichsprogromnacht. (Bild: sb)

„Gegen das Vergessen – Aus der Vergangenheit lernen“ lautete der Titel der Gedenkstunde zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht, die vom Bezirksausschuss Allach-Untermenzing (BA 23) am vergangenen Freitag, 9. November, veranstaltet wurde. Am Todesmarsch-Mahnmal von Hubertus von Pilgrim an der Eversbuschstraße 134 lasen die BA-Mitglieder Anna Attenberger, Ingrid Haussmann, Heike Kainz, Christina Schenk und Alexander Schulz Texte, die die Zeit vor und die politische Zuspitzung bis hin zur Reichsprogromnacht beschreiben. Musikalisch untermalt wurde die Gedenkstunde von Verena-Maria Fitz (Violine), Wen Xiao-Zheng (Viola) und Jakob Roters (Violoncello).

Die Veranstaltung in Allach-Untermenzing fand im Rahmen der stadtweiten Gedenkveranstaltungsreihe „Münchnerinnen und Münchner gedenken ihrer verfolgten jüdischen Nachbarn“ statt. Vor 80 Jahren erschütterte eine ungeheuerliche Welle der Gewalt die jüdischen Gemeinden und Familien in Deutschland. Die sogenannte Reichskristallnacht war ein neuer, in seiner gewalttätigen Zuspitzung beklemmender Höhepunkt der nationalsozialistischen Aggression gegen die jüdische Minderheit. Damals gingen von München Terror und Gewalt aus. Am 9. November 1938 hatte sich im großen Saal des Alten Rathauses nahezu die gesamte NS-Elite zum Gedenken an den missratenen Putsch von 1923 versammelt. Eine antisemitische Rede des Demagogen Josef Goebbels war in München und im übrigen Deutschland das Signal für eine brutale Hetzjagd auf Juden.

Unzählige Synagogen und jüdische Einrichtungen wurden im Zuge des reichsweiten Pogroms in Brand gesetzt und demoliert. Tausende jüdische Geschäfte wurden zerstört und geplündert, Menschen wurden ermordet oder durch die Gewaltaktionen in den Suizid getrieben. Allein aus München wurden mehr als 1.000 Männer nach Dachau verschleppt und dort für Wochen und Monate festgehalten, gedemütigt und gequält. 24 dieser als „Aktionshäftlinge“ bezeichneten Münchner Gefangenen wurden im Lager ermordet oder starben an den Folgen der im KZ erlittenen Misshandlungen.

„Darf sich nicht mehr wiederholen“

„Wir möchten nicht nur den Opfern gedenken, sondern auch zugleich sagen, dass sich so etwas nie mehr wiederholen darf“, betonte Ingrid Haussmann, die das Ganze zusammen mit Christiane Schenk federführend organisierte. „Es gibt wieder antisemitische Übergriffe. Die Zahl dieser Straftaten steigt. Deshalb wollen wir nicht nur an die grausame Geschichte erinnern, sondern ein Signal setzen, um wachsam zu bleiben.“ Im ersten Teil des Programms lasen die BA-Mitglieder schlaglichtartig Ereignisse des Jahres 1938 vor und im zweiten Teil trugen sie Ausschnitte aus dem Buch „Kristallnacht. Gewalt gegen die Münchner Juden im November 1938“ von Andreas Heusler und Tobais Weger vor.

„Unendliches Leid“

„Wir haben uns heute hier versammelt, um uns anhand dieser Texte an das unendliche Leid, das damals geschehen ist, zu erinnern und all jener Menschen und ihrer Seelen zu gedenken, die damals verfolgt und ermordet wurden. Wir tun dies für jeden einzelnen von ihnen. Mit unserer Erinnerung wollen wir sie alle ehren“, sagte Stadträtin Heike Kainz, die Vorsitzende des BA 23. „Wir wollen uns gleichzeitig bewusst machen, dass seit damals Frieden in unserem Land herrscht. Dies ist ein hohes und wertvolles Gut. Wie zerbrechlich dieses Gut ist, wird augenscheinlich, wenn wir uns die aktuellen Geschehnisse in der gesamten Welt und auch bis bei uns, in unserer Mitte, anschauen. Um so wichtiger ist es, dass wir die Geschehnisse von damals niemals vergessen und uns heute und immer wieder daran erinnern, damit solches unermessliche Leid niemals wieder geschieht.“


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