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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
„Allerbeste Voraussetzungen“
Neues Pflegeheim: Bezirksausschuss fordert Realisierungswettbewerb
Der Bezirksausschuss Allach-Untermenzing (BA 23) fordert für den Neubau des Alten- und Pflegeheims in der Franz-Nißl-Straße einen Realisierungswettbewerb. Dies hat das Gremium in seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich so beschlossen. „Der Standort in der Franz-Nißl-Straße hat einige Nachteile. Durch einen Realisierungswettbewerb bekämen wir vielleicht die beste Lösung“, betont Stefanie Martin, die Vorsitzende des Unterausschusses Bau und Planung. Und Heike Kainz, die Vorsitzende des Gremiums, ergänzt: „Das Pflegeheim an der Franz-Nißl-Straße wird ein modernes, schönes Haus. Deshalb fordern wir auch den Realisierungswettbewerb“, so die CSU-Stadträtin. „Es gibt grundsätzlich in solchen Wettbewerben große Qualitätsunterschiede. Ich bin der Meinung, wenn man schon einen so großen Baukörper in das Wohngebiet setzt, dann mit den allerbesten Voraussetzungen.“
Henning Clewing, der dem Beschluss als einziges BA-Mitglied nicht zugestimmt hat, sieht das anders: „Einen Realisierungswettbewerb halte ich für eine überflüssige Zeit- und Geldverschwendung. Grundsätzlich hat der Bauherr Form und Aufbau des Gebäudes schon festgelegt und dies gut begründet“, erklärt der FDP-Politiker. „Ob an der Fassade ein paar Schnörkel angebracht oder die Fenster höher oder breiter werden sollen, darüber kann mit der Münchenstift auch später noch verhandelt werden.“
„Nicht verdient, abgerissen zu werden“
Dass das Hans-Sieber-Haus auf dem Gelände in der Franz-Nißl-Straße neu errichtet und dafür das Gebäude an der Manzostraße abgerissen werden soll, bringt Falk Lamkewitz auf den Gedanken, dass die Münchenstift GmbH Kosten produzieren müsse, „um ihre Gemeinnützigkeit nicht aberkannt zu bekommen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb das Hans-Sieber-Haus nicht saniert werden kann. Bautechnisch ist dies uns nie glaubhaft gemacht worden“, meint der Grünen-Fraktionssprecher. Auch sei nicht klar gewesen, ob die Gesetzesänderungen in der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG) „wirklich einen Abriss nötig machen, oder ob man durch Beschränkung auf reine Reparaturmaßnahmen einen Bestandsschutz gehabt hätte“. Seiner Ansicht nach habe es das Hans-Sieber-Haus nicht verdient abgerissen zu werden. „Die Bewohner fühlen sich wohl, Personalmangel scheint es auch keinen zu geben und das Gebäude scheint ansonsten in einem voll belegten Topzustand zu sein“, betont er. „Ein maßvolles, zusätzliches Pflegeheim in der Franz-Nißl-Straße wäre jedenfalls ein wirklicher Gewinn für unseren Stadtbezirk gewesen. Jetzt verlieren wir ein Drittel der Heimplätze und bekommen dafür einen Klotz auf einem viel zu kleinen Grundstück, in ungeeigneter Lage und fehlender Busanbindung.“
„Würde nie modernen Ansprüchen entsprechen“
Münchenstift habe zwar ein großes Vermögen, dies liege daran, dass sie über Immobilien verfüge, erklärt Heike Kainz in diesem Zusammenhang. „Das nützt ihnen aber erstmal nichts, weil sie diese Immobilien nicht verkaufen. Die Münchenstift muss beachtliche Rückstellungen bilden – unter anderem für die Sanierung ihrer Häuser“, betont die BA-Vorsitzende. Man habe intensiv versucht um den Erhalt des Hans-Sieber-Hauses in der Manzostraße zu kämpfen „und in vielen Runden überlegt, ob sich eine Renovierung lohnt. Aber das Haus entspricht vom Aufbau her nicht mehr den Anforderungen der modernen Pflege.“ Die Münchenstift versuche sich mit ihren Häuser optimal aufzustellen. „In das Hans-Sieber-Haus an der Manzostraße könnte man Geld reinpumpen, wie man will – es würde nie den modernen Anforderungen entsprechen.“
Die Münchenstift habe das Grundstück an der Franz-Nißl-Straße für teures Geld gekauft, wie Heike Kainz erklärt, „und entwickelt es jetzt. Zudem ist sie uns als BA und auch den Anwohner stark entgegengekommen. Da habe ich sehr viel geackert im Hintergrund, um die Größe des Hauses zu reduzieren, damit es sich zumindest einigermaßen in die Umgebung einpasst. Die Idee eines zweigeschossigen Baus an der Franz-Nißl-Straße und einer etwas höheren Bebauung nach hinten finde ich genial.“ Die Stadt München entwickelt sich insgesamt, sagt Heike Kainz. „Wir sind eine Boomregion und das bringt Veränderungen mit sich. Davor darf niemand die Augen verschließen.“
Zudem habe man „wie die Löwen“ dafür gekämpft, dass das Alten- und Service-Zentrum (ASZ) an der Manzostraße erhalten bleibe. Das Konzept, das auf dem Grundstück später realisiert werden soll, sieht daneben Wohnungen für Pflegekräfte, für betreutes Wohnen sowie für den freien Wohnungsmarkt vor. „Das ist total im Trend. Damit wäre man sehr modern aufgestellt“, erklärt Heike Kainz. „Ich war diesbezüglich am Anfang zwar auch skeptisch, glaube aber, dass das so umgesetzt wird, weil es eine zukunftsweisende Idee ist.“ Sie sieht beide Projekte – den Bau des Pflegeheims in der Franz-Nißl-Straße und die Entwicklung des Grundstücks an der Manzostraße nach dem Abriss des Hans-Sieber-Hauses – als Gesamtkonzept für den Stadtbezirk.
„Keine weiteren Steine in den Weg legen“
Unstrittig sei, dass der Stadtbezirk 23 ein Alten- und Pflegeheim brauche, erklärt auch Henning Clewing. „Aus Gründen, die nicht von allen, auch von mir nicht, als zwingend empfunden worden sind, hat die Münchenstift GmbH entschieden, die schon seit Jahren durchgeführten Sanierungsarbeiten im Hans-Sieber-Haus an der Manzostraße nicht abzuschließen, sondern das Haus abzureißen. Stattdessen soll ein ganz neues Heim gebaut werden.“ Dessen Form und Ausstattung sollen so konzipiert sein, dass sie es erlauben, die betrieblichen Abläufe arbeitstechnisch und wirtschaftlich in günstigster Weise zu handhaben. Ein solches Konzept sei von der Münchenstift anderswo schon ausprobiert und mit gutem Erfolg verwirklicht worden. Es beruhe unter anderem auf einem H-förmigen Grundriss, der auch für die Franz-Nißl-Straße vorgesehen sei. „Nach anfänglicher Skepsis haben mich diese für die Betriebsorganisation geltenden Argumente überzeugt“, betont Henning Clewing. Darüber hinaus erkennt der FDP-Politiker nach eigenen Angaben an, dass die Münchenstift ihre vor einiger Zeit vorgestellten Entwurfspläne als Antwort auf die von Anwohnern und vom BA 23 vorgebrachten Einwände schon erheblich verändert, man könne auch sagen abgespeckt habe. „Das Ganze ist ein recht seltener Fall: Einwände von Bürgern und BA haben eine positive Wirkung gehabt. Ich meine, wir sollten damit zufrieden sein und dem Bauherrn Münchenstift keine weiteren Steine in den Weg legen.“
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