Gemeindehistorie auf drei Etagen
Ausstellung "50 Jahre Rathaus Gräfelfing" bis 27. Oktober
Ein halbes Jahrhundert steht das Gräfelfinger Rathaus auf dem Rößlberg. Erbaut in den Jahren 1966 und 1967 und bezogen und eingeweiht in 1968 thront der Bau seither als moderner Bauhaus-Würfel über Gräfelfing. Was davor an gleicher Stelle stand, wie es zu eben diesem Betonbau kam und was sich seither alles im „Rathauswürfel“ tat, davon will derzeit eine Ausstellung berichten. „Wir haben dem Jubiläum diese umfangreiche Dokumentation über Geschichte, Architektur und Entwicklung gewidmet“, sagt Rathaussprecherin und Konzeptorin der Ausstellung, Birgit Doll. „Das Rathaus Gräfelfing ist ein ganz bemerkenswerter Bau mit einer spannenden Geschichte. Ich freue mich, dass ich so tief in die Gemeindehistorie eintauchen konnte. Der Rathausbau ist ein ungemein interessantes Stück Gemeindegeschichte!“
Auch wenn sie die Ausstellung konzipiert hat, seien doch viele Helfer und Unterstützer mit am Werk gewesen. „Allen voran die Gemeindearchivarin Monika Frank. Außerdem hat mir der Hobbyfotograf Walter Merkle viele Fotos aus früheren Zeiten zur Verfügung gestellt. Ebenso hat mir der ehemalige Standesbeamte Hannes Wilhelm einige seiner Karikaturen zum Rathaus und zur Rathausgeschichte gegeben. Und ganz besonders dankbar bin ich dem ehemaligen Kämmerer Werner Frisch für seine vielen Anekdoten, Fakten und Geschichten. Ohne die wäre die Ausstellung sicherlich nicht so lebendig geworden. Werner Frisch war für mich das Gemeindegedächtnis.“
Fakten, Fotos, Dokumente
In der Gräfelfinger Geschichte hat es viele Wendepunkte gegeben. Ein Meilenstein war die Errichtung der Bahnstation. Infolge stiegen die Einwohnerzahlen von 465 im Jahr 1900 auf 4.470 im Jahr 1938, damals war Gräfelfing schon eine Gemeinde mit Post, Polizei und neuer Kirche. 1909 zog die Verwaltung in die Schule, ins Gebäude des Alten Rathauses in der Bahnhofstraße 6. „Als ich 1961 meine Lehre begann, waren die vielleicht 20 oder 30 Mitarbeiter schon sehr beengt im Alten Rathaus“, erinnerte sich Frisch. „Seit November 1967 saßen wir dann zusätzlich auf Umzugskisten. Das dauerte dann noch einmal ein halbes Jahr, bis wir endlich im Neuen Rathaus arbeiten konnten.“
Er habe damals in der Liegenschaftenabteilung gearbeitet und durfte im „absolut schönsten und größten Raum“ des Hauses arbeiten, „hinten links im ersten Stock“. Als Mitarbeiter der Liegenschaftenabteilung habe er auch den Architektenwettbewerb hautnah miterlebt. „Ich weiß, dass der moderne Bau auf viel Kritik und auch Ablehnung gestoßen ist. Aber mir hat er von Anfang an sehr gefallen.“ Die letztendlich preisgekrönte Architektur von Architekt Prof. Peter Biedermann bekam wegen des „genialen Nutz-/Verkehrsflächenverhältnisses“ den Zuschlag, „und zwar aus insgesamt 70 Entwürfen!", so Frisch.
Preisgekrönter Betonbau mit Denkmalschutzqualität
Die Ausstellung zeigt all diese Entwicklungen ausführlich. Darüber hinaus lässt Doll auch die insgesamt fünf Gemeindechefs zu Wort kommen. „Ich wollte von den Bürgermeistern Gräfelfings wissen, was ihnen das Rathaus bedeutet und welche Politik sie in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gerückt haben. Auch darüber ist in der Ausstellung die Rede.“
Inzwischen arbeiten im Rathaus übrigens doppelt so viele Mitarbeiter wie beim Einzug, Tendenz steigend. Und mittlerweile steht auch eine Grundsanierung des ganz langsam in die Jahre kommenden Baus zur Diskussion. Bürgermeisterin Uta Wüst meinte zum Rathaus: „Der Grundriss ist sehr gut durchdacht. Es ist ein funktionaler Bau, ein bescheidenes, funktionierendes Gebäude – allerdings auch mit allen Nachteilen eines Betonbaus. Beispielsweise sind das Probleme im energetischen Bereich, die es zu lösen gilt.“
Wüst wundert es nicht, dass das Rathaus auf einer Vormerkliste für den Denkmalschutz steht. Dies erklärte auch Denkmalpfleger und Landeskonservator Bernd Vollmar am Rande der Ausstellung: „Das Gräfelfinger Rathaus ist ein wunderbares Beispiel für die Baukultur der 60er Jahre.“ Die Besucher der Ausstellung werden sich darüber ein Bild machen können. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis 27. Oktober im Rathaus Gräfelfing, Ruffiniallee 2, zu den üblichen Rathausöffnungszeiten.
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