Flüchtlinge sollen bleiben
Initiative der Helferkreise gegen "Wegverlegung"
Wie es für sie weitergeht ist ungewiss. Kaum, dass sie sich in der neuen Umgebung zurechtgefunden haben, kaum, dass erste Kontakte zu den Stadtteilbewohnern geknüpft wurden, sollen sie schon wieder umziehen. Die rund 300 Flüchtlinge, die derzeit noch in der Unterkunft in der Tübinger Straße 1-3 untergebracht sind, sollen in Kürze wegziehen. Wohin, das steht noch nicht fest. Klar ist nur, dass der Standort Tübinger Straße im Juni geschlossen wird, weil der Gebäudeeigentümer das Bauwerk anderweitig nutzen wird.
Die Helferkreise aus Laim und Sendling-Westpark, die sich in den vergangenen Monaten beherzt für die Schutzsuchenden aus der Tübinger Straße engagiert haben, setzen sich nun für ihr Bleiben ein. In einem offenen Brief an den Leiter des Amtes für Wohnen und Migration bittet der Helferkreis Flüchtlinge im Pfarrverband Laim mit der Unterstützung des Helferkreises Tübinger- und Hansastraße darum, dass die Nutzung des Gebäudes in der Tübinger Straße kurzzeitig verlängert werden soll. Denn in nur wenigen Wochen soll die geplante Unterkunft auf dem Areal in der Zschokkestraße beziehbar sein, voraussichtlich im August wird dann auch die Unterkunft in der Elsenheimerstraße zur Verfügung stehen. Die Flüchtlinge könnten also hierher umziehen und dürften somit in der gerade vertraut gewordenen Umgebung bleiben. „Den von uns ehrenamtlich mitbetreuten Flüchtlingen könnte dies einen möglicherweise unnötigen, anstrengenden Ortswechsel ersparen“, heißt es dazu im Brief an Rudolf Stummvoll, dem Leiter des Amtes für Wohnen und Migration.
Erste Wurzeln geschlagen
Die „Initiative gegen die Wegverlegung der Geflüchteten in Laim“ haben sowohl die Koordinatoren der Helferkreise als auch 50 weitere Bürger unterzeichnet. In ihrem Schreiben weisen die Vertreter des Helferkreises Laim darauf hin, dass die von ihnen mitbetreuten jungen Männer bereits einige Wurzeln in ihrer neuen Umgebung geschlagen haben, zum Teil Arbeit gefunden und intensive Beziehungen mit Bürgern geknüpft haben. Sie nehmen an Angeboten der Sportvereine vor Ort teil, besuchen Deutschkurse, die von Ehrenamtlichen angeboten werden und haben durch Patenschaften oder Initiativen der Helferkreise wie etwa Sprachcafé, Freizeitaktivitäten und Workshops, persönliche Kontakte zu Stadtteilbewohnern verfestigt. „Durch die drohende Wegverlegung würden – so befürchten wir – gerade die besonders motivierten unter ihnen, in ihren Integrationsbemühungen frustriert. Psychisch dürften vor allem die bereits in der Vorgeschichte existentiell erschütterten, oftmals gerade erst volljährigen Geflohenen stark irritiert sein“, heißt es in dem offenen Brief.
Verlegung würde Integration zerstören
Mit viel Unterstützung aus der Bürgerschaft konnten die Bewohner der Tübinger Straße gerade Fuß fassen. Gerade erst ist auch ein Vertrauensverhältnis gewachsen, auf dem eine Integration der Neuankömmlinge erst gelingen kann. Dieses würde zerstört, wenn die Flüchtlinge nun wegverlegt würden, finden die vielen ehrenamtlichen Helfer der Helferkreise.
„Die unsichere Zukunft kombiniert mit dem Gefühl, keine Kontrolle über sein eigenes Schicksal zu haben, ist auch für starke Charaktere lähmend. Eine Wegverlegung ohne Mitsprache würde das Gefühl des Ausgeliefertseins weiter verstärken“, findet etwa Suny Kim, eine der Ehrenamtlichen. „Eine Wegverlegung ohne Rückkehrmöglichkeit würde so viel Integration zerstören. Es würde die Arbeit der letzten Monate entwerten, und für die Zukunft den Verlust von Vertrauen und Mut riskieren.“
Zumindest jene Flüchtlinge, die es sich ausdrücklich wünschen, sollten in Laim bleiben dürfen, finden die Helferkreise. Ob die Flüchtlinge aus der Tübinger Straße in die demnächst fertiggestellten Unterkünftige in Laim ziehen können, bleibt abzuwarten. Eine Antwort vom Amt für Wohnen und Migration steht aus. Informationen zu den Helferkreisen aus Laim und Sendling-Westpark bieten die Seiten www.pfarrverband-laim.de/angebote/helferkreis-fluechtlinge.html und https://helferkreis-tuebinger-und-hansastrasse.traum-verleih.de.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH