"Kinder sind wie ein Schwamm"
Dritte Forscher-Auszeichnung für den Regenbogen-Kindergarten
Es gibt Orte, die atmen Liebe, Kreativität, Lebensfreude und auch liebevolle Strenge. Der Sendlinger Kindergarten "Regenbogen" ist so ein Ort. Hier herrscht eine sehr ausgeglichene Stimmung und vielleicht ist das auch ein Grund, warum der Kindergarten nun schon zum dritten Mal von der gemeinnützigen Stiftung „Haus der kleinen Forscher" zertifiziert wurde. Dieses Mal für das Projekt "Ist unser Körper eine Burg?" Die Antwort darauf fanden die Kinder, die alle im Vorschulalter sind, durch ganz viele verschiedene Experimente rund um das große Thema Körper, also Experimente zu Haut, Verdauung, Knochen, Muskeln und vielem mehr.
"Mehr Bildungschancen für alle"
"Mehr Bildungschancen für alle" lautet das Motto der seit 2006 gegründeten bundesweiten Stiftung "Haus der kleinen Forscher", die "für eine bessere Bildung von Kindern im Kita- und Grundschulalter in den Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik und Technik" eintritt. Bewerben können sich Kitas, Horte und Grundschulen. Die Voraussetzungen sind, dass die naturwissenschaftliche Forschung fester Bestandteil im Alltag der Einrichtung ist, dass jährlich Fortbildungen zu diesem Bereich gemacht werden und die Forschung dokumentiert wird.
Im Kindergarten Regenbogen ist die Erzieherin Wieslawa Mahl diejenige, die über Jahre hinweg an Fortbildungsveranstaltungen zum Thema "Kinder forschen" mit Begeisterung teilnimmt und so auch die Projekte leitet. "Aber", so erläutert sie, "Fragestellungen, was wir als nächstes erforschen wollen, ergeben sich immer auch mit den Kindern zusammen." Wurde da zum Beispiel der Frage nachgegangen, wie "Pipi machen" eigentlich geht, was die Kinder auf die Organe Niere und Blase brachte, führte das zur nächsten Frage, wie die Verdauung von Nahrung eigentlich funktioniert.
Forscher angeln Eiswürfel
"Nach anfänglicher Begeisterung, gab es natürlich auch Bezeugungen von Missmut", erzählt die Leiterin des Kindergartens, Andrea Rosenbaum. "Müssen wir schon wieder das machen? Wir wollen lieber raus in den Garten!" beschwerten sich einige der kleinen Forscher. Nachdem aber dieses kleine Tal der Unlust durchschritten war, konnten es die Vorschulkinder im weiteren Verlauf des dreimonatigen Projekts gar nicht erwarten, wieder zu experimentieren. Zweimal in der Woche taten sie das und ihr Eifer und Spaß an der Sache wird ersichtlich aus der Dokumentation mit Fotos, Beschreibungen, Skizzen und Bildern.
Das Experiment "Eiswürfel angeln" übten die Kinder aus eigenem Antrieb gar eine Woche lang und bewiesen Durchhaltevermögen. Dabei geht es darum, einen Wollfaden an einen Eiswürfel, der in kaltem Wasser schwimmt, zu halten. Indem ein bisschen Salz auf den Eiswürfel gestreut wird, schmilzt die Oberfläche etwas an, der Wollfaden kann einsinken, bevor das Eis wieder gefriert. Dann kann man ihn angeln. Und was lernt man daraus? Gibt man Salz auf gefrorenes Wasser, wird kurzfristig Eis zum Schmelzen gebracht.
Nicht nur Köpfchen
Auf die Frage, warum es ausgerechnet das Thema "Körper" war, zu dem man am Kindergarten geforscht hat, erläutert Andrea Rosenbaum, dass sie seit 2012 ein Kneippkindergarten sind und dadurch das Thema "Körper" nahe lag. Die fünf Säulen der Kneippschen Lehre - Ernährung, Bewegung, Lebensordung, Kräuterlehre und Kneipp-Anwendungen - rhythmisieren den Tages- und Wochenablauf des Regenbogenkindergartens. Da wird Getreide gemahlen, Brot gebacken, Kräuter angebaut, barfuß im Schnee gegangen, Sprachförderung mit Bewegung gekoppelt und neben noch vielen anderen Dingen werden natürlich auch die berühmten kneippschen Wasser - und Bürstenanwendungen durchgeführt. "Unser großes Anliegen ist es, die Selbstkonzepte der Kinder zu stärken", erläutert Andrea Rosenbaum. Sie selbst ist auch als Gesundheitsberaterin ausgebildet und legt viel Wert darauf, dass die Kinder einerseits lernen, sich körperlich wahrzunehmen. Dazu gehört das Wissen, was einen entspannt. Andererseits soll aber auch die geistige Entwicklung so gefördert werden, dass die Kinder ihr Potential ausschöpfen und dadurch Selbstbewusstsein bekommen. "Die Kinder sind wie ein Schwamm", sagt Wieslawa Mahl und Rosenbaum fügt bestätigend hinzu: "Egal ob es Kinder mit schwierigem familiären Hintergrund sind, Entwicklungsprobleme haben oder nicht. Alle Kinder saugen Lernhinhalte auf, wenn man ihnen eine passende Umgebung schafft und sie lässt."
Multikulti ist der Regenbogen
So bunt wie der Regenbogen ist auch die Mischung im Kindergarten. Das Team besteht aus sechs Leuten plus zwei Praktikantinnen. Sie kommen aus Polen, Togo, dem , Mexiko und Tschechien. Und auch die Kinder, bei dem der größte Teil aus dem benachbarten Mutter-Kind-Haus stammt, dem der Kindergarten "Regebogen" angegliedert ist, kommen aus unterschiedlichen Ländern. Manche von ihnen können kaum ein Wort Deutsch, wenn sie kommen. Doch das ändert sich schnell.
"Was wir am nötigsten brauchen, ist ein Mensch, der uns zwingt, das zu tun, was wir können.‘‘ Das sagte der Schriftsteller und Philosophen Ralph Waldo Emerson schon im 19.Jahrhundert. Der Kindergarten "Regenbogen" vertritt diesen Ansatz und wie der stetige Erfolg zeigt, muss daran etwas dran sein. Sie haben sogar ein eigenes Bilderbuch, in dem die Geschichte des Sebastian Kneipp beschrieben wird, herausgebracht.
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