„Gelebte Integration“
Die Grund- und Mittelschule am Winthirplatz feiert ihr 100-jähriges Jubiläum
Mit einem Festakt haben die Grund- und Mittelschule am Winthirplatz in der vergangenen Woche ihr 100-jähriges Schuljubiläum begangen. „Mir ist wieder aufgefallen, welch enormen Leistungen das Kollegium, die Eltern, die Stadt und auch die Gesellschaft hier erbringen“, betonte Oliver Belik in seiner Rede. Der Stadtrat war in Vertretung von Oberbürgermeister Christian Ude gekommen. „Die Winthirschule wurde schon zu ihrer Gründungszeit als Paradeschule situiert und sie ist auch heute noch eine Vorzeigeschule – gerade wegen des außerordentlichen Engagements des Kollegiums“, erklärte der Stadtrat weiter. „Hier an der Schule unterrichten Lehrer, die ihren Beruf als Berufung sehen. Sie alle sind eine Bereicherung für die Stadtgesellschaft in München.“
Eva Wobido, Rektorin der Grundschule, und Thomas Häns, Rektor der Mittelschule, konnten eine stattliche Anzahl an Ehrengästen begrüßen, darunter auch einen berühmten ehemaligen Grundschüler, Elmar Wepper. „1950 bin ich in die Schule eingetreten“, erzählte der bekannte Schauspieler, der am Steubenplatz aufgewachsen ist. „Meine Grundschulzeit war sehr schön. Das habe ich noch in Erinnerung.“ Auch die Ausstattung der Schule sieht der 68-Jährige noch vor sich: „Wir hatten diese Bänke, die eine Einheit waren aus Sitz und Tisch. Das ist ja heute etwas anders“, betonte er schmunzelnd. Wepper erzählte aber nicht nur Anekdoten aus seiner Zeit an der Winthirschule, sondern appellierte auch an die Politik: „Die Politiker bemühen sich immer darum, klar zu stellen, dass es nichts wichtigeres gibt als unsere Kinder. Wenn man das hört, fragt man sich, warum nicht noch mehr investiert wird. Es müsste viel mehr Geld freigemacht werden für Schulen.“
Barbara Marc, die Vorsitzende des Unterausschusses Schule, Integration und Soziales im Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg (BA 9) hob in ihrer Rede heraus, dass sich in den letzten Jahren in beiden Schulen viel getan habe. „Wir als Bezirksausschuss wünschen uns, dass der Bau der Mensa bald vom Stadtrat genehmigt wird, damit alle Kinder endlich mit Essen versorgt werden können“, sagte Marc. „Wir wünschen uns auch, dass die Schule finanzielle Mittel erhält, um bedürftigen Schülern Lernmaterial zur Verfügung zu stellen.“
„Eine der schönsten Schulen Münchens“
Auch Stadtschulrat Rainer Schweppe ließ es sich nicht nehmen, anlässlich des Festakts in die Winthirschule zu kommen. „Ein 100-jähriges Jubiläum einer Schule in München ist für uns immer wichtig“, sagte Schweppe. „Die Winthirschule war und ist eine der schönsten Schulen Münchens.“ Man könne die Schule durchaus als herausragend bezeichnen, „gerade auch aufgrund der tollen Arbeit von Frau Wobido und Herrn Häns“.“ Schweppe erklärte, dass die Stadt sehr viel in ihre Schulen investiere, „was nicht heißt, dass nicht weiter Sanierungsbedarf besteht. Auch hier in der Winthirschule werden wir uns deshalb weiter einsetzen.“
Dank an Ehrenamtliche
Georgine Müller, die leitende Schulamtsdirektorin, erklärte, dass sich die Schule vor allem hinsichtlich ihres Unterrichts als innovativ zeige. „Gezielte und reflektierte Lese- und Lernförderung helfen, die Unterrichtsqualität zu verbessern.“ Auch das Konzept der Übergangsklassen sei erwähnenswert, denn „Schüler aus dem Ausland, die nur unzureichende Deutschkenntnisse haben, zu integrieren, ist eine besondere Leistung beider Schulen“, so Müller. Zudem hob sie die Leistung der vielen ehrenamtlichen Helfer heraus, „ohne die diese gelebte Integration an den Schulen nicht denkbar wäre.“ Auch Stadtrat Belik betonte das besondere Engagement der Ehrenamtlichen, die sowohl an der Grund- als auch an der Mittelschule tätig sind. „Für sie möchte ich eine Lanze brechen“, sagte er. „Sie geben ihre Freizeit für diejenigen, die Hilfe benötigen.“ Zudem bedankten sich auch Eva Wobido und Thomas Häns gesondert bei den Ehrenamtlichen, ihnen gelte der Dank, betonte die Grundschulrektorin, „für die Arbeit, die sie Tag für Tag, Woche für Woche machen. Sie sind einfach wunderbar!“
Eröffnet wurde die Winthirschule im Jahr 1912. Neben den Schulzimmern erhielt das Gebäude, das vom städtischen Bauamtmann Robert Rehlen entworfen wurde, ein Brausebad, eine Schulküche, zwei Schülerwerkstätten für Holz- und Metallbearbeitung, einen Zeichen- und einen Naturkundesaal und je einen Chemie- und Physikraum. Am 6. September 1912 wurde das Schulhaus schlüsselfertig übergeben und die rund 1500 evangelischen Kinder, die seit 1903 die Hirschbergschule besucht hatten, bezogen das neue Schulgebäude.
Kriegskaserne
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Winthirschule am 12. August 1914 beschlagnahmt und bis 1919 als so genannte „Kriegskaserne“ benutzt. Der Unterricht der Schüler fand in dieser Zeit wieder an der Hirschbergschule statt. Den Zweiten Weltkrieg überstand zumindest das Schulgebäude unbeschädigt. Schon 1931 mussten die jüdischen Schülerinnen und Schüler im Auftrag der Stadtschulbehörde erfasst werden. Am 8. Januar 1937 wurde verfügt, dass jüdische Schüler keinen Religionsunterricht mehr erhalten dürfen.
Schüler aus 40 Nationen
Im Jahr 2012 – zum 100. Geburtstag – ist die Schule multikulturell und wird von Kindern und Jugendlichen aus 40 Nationen besucht. Im Schulhaus am Winthirplatz befinden sich neben der Grund- und der Mittelschule ein städtischer Hort und eine Mittagsbetreuung. Im Schuljahr 2011/12 besuchen 220 Kinder in zehn Klasse die Grundschule und 297 Kinder und Jugendliche in 14 Klassen die Mittelschule.
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