„Pasing ist wahnsinnig spannend“
Kunstprojekt im Hermann-Hesse-Tunnel bis Mitte August
Wer den Hermann-Hesse-Tunnel in Pasing passiert, sieht und hört das aktuelle Kunstprojekt schon von Weitem: Der Tunnel bekommt an der Gehwegseite einen neuen Anstrich mindestens bis zum zweieinhalb Meter hohen Sockel sowie Graffiti-Zeichnungen, die dem Betrachter jede Menge aus Pasings Geschichten und dem Alltäglichen vor Ort erzählen. Dazu dröhnt laute Musik durch den Tunnel.
Dem 33-jährigen Künstler Martin Blumöhr ist soviel Aufmerksamkeit gerade recht. Selbst aus den „Zusammenstößen“ mit Passanten, aus ihren teils zustimmenden teils sehr kritischen und ablehnenden Anmerkungen schöpft er Inspirationen für seine Graffitis. Blumöhr ist vom Baureferat für die Tunnelgestaltung im Rahmen des Fördertopfes „Kunst am Bau“ beauftragt, bis zum 15. August die Gestaltung des 150 Meter langen Tunnels fertig zu stellen.
„Der Termin ist eben noch nach hinten verschoben worden. Bevor ich anfangen kann, muss ich erst einmal die Zentimeter dicke Kalkschicht abtragen, die sich in den letzten Jahrzehnten angesammelt hat. Das kostet viel Zeit. Zudem gibt es immer wieder Wasserschäden. Da muss ich schnell reagieren.“
Pasinger Wimmelbilder
Er betrachte sich als einen Geschichtensammler, der das alltägliche, lebendige Pasing einfangen und gleichzeitig eine Brücke zur Tradition schlagen möchte. „Pasing ist wahnsinnig spannend. Hier tut sich sehr viel. All das soll im Tunnel-Graffiti zur Sprache kommen.“ Ein klares Endbild hat der Künstler daher nicht im Kopf. „Die Bilder entstehen im Gespräch mit den Leuten. Oder sind schon hier auf der Wand in früheren Graffitis besprochen, die will ich auch aufgreifen. Vieles ergänzt sich. Dann werden die Bilder wieder Teil anderer Bilder.“
So kämen seine Bild-in-Bild-Geschichten zustande. Pasings Illustrator wolle er keinesfalls sein. Vielmehr die verschiedenen Aspekte ansprechen: das Gewimmel im Westbad, den berühmten Pasinger Knödelschützen, den Stadtpark mit seinen alten Bäumen, Altenheime, Kinder, traditionsreiche Vereine, die entstandenen Einkaufszentren – alles habe hier seinen Platz. „Das will ich zeigen, dann kommt Leben in meine Zeichnungen.“
Geschichten gesucht
Die ehemalige Vorsitzende des Unterausschusses Kultur Gudrun Koppers-Weck (SPD) habe ihn der Stadt empfohlen. „Wir sind nun auch sehr angetan von der Vorgehensweise des Künstlers“, meinte die jetzige Vorsitzende Maria Osterhuber-Völkl (CSU) in der letzten BA-Sitzung. „Da gibt es kein fertiges Ganzes, sondern wir können alle dem Kunstwerk beim Wachsen zu sehen.“
Nur Bettina Vogel (Grüne) plädierte für eine Verschiebung der Kunstaktion. „Wir wissen nicht, was rauskommen soll und kennen weder die Kunstrichtung noch die endgültigen Motive. Das ist zu wenig“, meinte sie, blieb mit ihrer Meinung allerdings allein. „Ich finde es spannend, dass wir kein fertiges Werk haben“, entgegnete Frieder Vogelsgesang (CSU). Schließlich habe man mit Rüdiger Schaar (SPD) auch einen BA-Vertreter, der den Künstler begleite, so Vogelsgesang. Schaar werde in den nächsten Wochen „Werkstattbesuche“ von Kindergärten, Schulen, aus dem Alten- und Servicezentrum und anderen organisieren. „Man kann mich selbst gern ansprechen. Ich bin von morgens bis abends im Tunnel beschäftigt, so Blumöhr, „und freue mich über jedes Feedback und über alle persönlichen Pasing-Anekdoten und Erinnerungen.“
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