Gefangen in der Kostenfalle?
Mitmachen: TU befragt Menschen zu Wohnen, Arbeit und Mobilität
München wächst schneller als erwartet. Nach den jüngsten Zahlen übersteigt die Einwohnerzahl bereits 2030 die 1,7-Millionen-Marke. Um der Mietpreis-Explosion zu entkommen, flüchten Menschen ins Umland. Was viele nicht beachten: die Kosten der Mobilität. Insbesondere für Familien kann das Wohnen im Umland am Ende deutlich kostspieliger werden als die teure Stadtwohnung. Die Studie „Wohnen, Arbeiten und Mobilität“ der TU München soll Aufschluss darüber geben, welche Überlegungen bei der Wahl des Wohnortes von den Menschen derzeit berücksichtigt werden. Mehr als 6.000 Personen haben an der Online-Umfrage bereits teilgenommen.
Eine Teilnahme an der Online-Umfrage der TU ist nur bis 19. April möglich. Der Link zur Umfrage: www.wam.tum.de.
Forscher: Bisher gibt es zu wenig Daten
Die Metropolregion München ist eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen Europas. Entsprechend groß ist das Bedürfnis an Wohnraum, Gewerbeflächen und Infrastruktur. Nach Meinung der Wissenschaftler Prof. Alain Thierstein und Prof. Gebhard Wulfhorst von der TU München gibt es für die Planer bisher zu wenig Datenmaterial, um angemessen auf die räumlichen und städtebaulichen Herausforderungen reagieren zu können.
Nicht alle 775 Gemeinden in der Region sind vom Expansionsdruck betroffen. Was viele nicht wissen: In jeder fünften Gemeinde der Metropolregion München sinken die Einwohnerzahlen. Sogar im Stadtgebiet München liegen vielerorts Gewerbegebiete und Bauland brach. „Je stärker der Druck auf bestimmte Gebiete wächst, desto wichtiger ist es, andernorts die Potenziale zu fördern“, erklärt Gebhard Wulfhorst. Mit der Studie „Wohnen, Arbeiten und Mobilität“ versucht er die Bedürfnisse im Ballungsraum zu vermessen.
Mit der Studie „Wohnen, Arbeiten und Mobilität“ will man Antworten auf viele ungelöste Fragen finden. Woran liegt es, dass es so ein großes Ungleichgewicht in der Region rund um München gibt? Was können die regionalen Akteure tun, um dies zu ändern? Bisher gibt es hierzu nur Theorien.
Fahrkosten übersteigen oft Mietersparnis
Fest steht: Die Mobilitätsausgaben von Haushalten steigen dramatisch an, so die TU. Während die privaten Haushalte die Wohnkosten relativ einfach überblicken können, werden die Kosten für Mobilität sowie Reisezeiten häufig unterschätzt oder gar ignoriert. In der Studie MOR€CO hat Gebhard Wulfhorst für die TU München bereits einige Indikatoren untersucht, die Rückschlüsse auf die Anfälligkeit einiger Regionen zulassen. Mit einem Blick auf Fahrzeugkilometer, Arbeitsplatzangebot, Infrastruktur und Versorgung mit Öffentlichem Nahverkehr kann man Gemeinden benennen, deren Bewohner von steigenden Mobilitätskosten besonders empfindlich getroffen werden.
Wegen der peripheren Lage und der hohen Abhängigkeit vom Auto ist die ländliche Gemeinde Kirchdorf an der Amper von steigenden Bezinkosten beispielsweise besonders betroffen. Hinzu kommt, dass die Einwohner aufgrund des geringen durchschnittlichen Einkommens steigende Spritkosten sehr schnell im eigenen Geldbeutel bemerken.
Im Rahmen der TU-Studie MOR€CO wurde ausgerechnet, dass eine vierköpfige Familie, die nach Kirchdorf zieht wegen des fehlenden S-Bahnanschlusses bereits heute Fahrtkosten von monatlich bis zu 1.185 Euro aufbringen muss.
Online-Umfrage bis 19. April
Seit Ende des Jahres können Bürger auf der Website www.wam.tum.de von ihren Erfahrungen und Entscheidungen bei der Wohnungssuche berichten. Die hohe Zahl der Beteiligung lässt auf einen großen Leidensdruck schließen: Bisher haben bereits mehr als 6000 Personen teilgenommen. Bis Mitte April kann jeder Bewohner der Metropolregion München teilnehmen, wenn er oder sie in den vergangenen drei Jahren den Arbeitsplatz oder Wohnort gewechselt hat.
Gefragt wird, was den Menschen bei der Suche nach einer neuen Wohnung bzw. einem neuen Arbeitsplatz besonders wichtig war – von der Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr bis hin zu Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitangeboten. Unterstützt wird die Befragung durch ein breites Bündnis aus Kommunen, Verbänden und Unternehmen.
Im zweiten Teil ihrer Studie wird das Forscherteam ab April 2015 eine umfangreiche Raumanalyse erstellen. Für alle Gemeinden in der Metropolregion erfassen sie die Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung von 1980 bis heute und verknüpfen sie mit Daten zur Verkehrsanbindung, Versorgungslage sowie zur Wohnungsnachfrage.
Unterschiedliche Herausforderungen
Erste Ergebnisse zeigen: Die Städte und Gemeinden in der Metropolregion stehen vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen. München, Rosenheim und Ingolstadt sowie die Flughafenregion verzeichneten in den vergangenen Jahren einen hohen Zuzug. Entlang der Bahnlinien und Autobahnen nimmt die Bevölkerung überdurchschnittlich zu.
Andernorts ziehen immer mehr junge Familien weg: Jede fünfte Gemeinde in der Region ist im Zeitraum von 2011 bis 2013 geschrumpft – obwohl im selben Zeitraum die Bevölkerung in der gesamten Metropolregion um zwei Prozent zugenommen hat. Zurück bleibt eine Bevölkerung mit hohem Senioren-Anteil.
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