Luxusgut Trinkwasser?
Bündnis 90 / Die Grünen warnen vor der Privatisierung der Wasserversorgung
Wasser sei ein Menschenrecht und dürfe nicht dem Profitstreben privater Unternehmen ausgeliefert werden. „Nein!“, sagen Bündnis 90/ Die Grünen zur Privatisierung der Wasserversorgung, die von der EU geplant wird. Welche Absichten hinter der Privatisierung stecken und mit welchen Konsequenzen zu rechnen ist, wenn private Großunternehmen die Wasserkonzessionen innehalten, darüber seien viele Bürger nicht ausreichend informiert. Am vergangenen Mittwoch luden daher die Grünen aus Laim, dem Westend und Pasing zum Diskussions- und Informationsabend ein.
Negative Folgen
„Lasst und unser Wasser“ lautete das Motto der Grünen-Veranstaltung. Grund dazu boten jüngst erklärte Pläne des EU-Binnenmarktausschusses, der beabsichtigt, den Wassermarkt in Europa zu liberalisieren. Im April soll über die neuen Richtlinien entschieden werden. Wasser könnte dann zur „Gelddruckmaschine für global player“ werden, warnte Christian Hirneis, Grüner Landtagskandidat und seit elf Jahren Vorsitzender des BUND Naturschutzes in München sowie Mitglied des Landesvorstands. Bislang liegt die Wasserversorgung meist komplett in öffentlichen Händen, was bedeutet, dass Preis, Qualität und Versorgung des Wassers von Städten, Kommunen und Gemeinden bestimmt wird. Dort wo Wasserwerke zum Teil (Berlin) oder bereits ganz (London) privatisiert wurden, habe dies stets negative Folgen wie immense Preissteigerung und Qualitätsverlust des Wassers gehabt, erklärte Hirneis.
Mit zahlreichen Beispielen untermauerte er die negativen Konsequenzen einer Privatisierung des Wassers: So wurde beispielsweise die Wasserversorgung in Potsdam 1997 teilprivatisiert. Für 2,4 Millionen Euro verkaufte die Stadt 49 % des Werkes an das Unternehmen Eurowasser. Trotz der Beteiligung von 51 % am Gesamtunternehmen wurde die Stadt zur „Koordinationsstelle“ herabgesetzt und beteiligte sich nicht mehr am Aufsichtsrat. Bereits drei Jahre später hielt Potsdam die Teilprivatisierung der Wasserversorgung für einen Fehler und kaufte die Anteile zurück – und zahlte ein Vielfaches drauf. Kritisch illustrierte auch der Film „Water makes Money“, der am Veranstaltungsabend gezeigt wurde, das Profitstreben privater Unternehmen und die daraus resultierenden Entwicklungen. Am Negativ-Bespiel Paris zeigte der Film, was möglicherweise auch in Deutschland geschehen könnte: 2009 wurde das Pariser Wasser teilprivatisiert und zwischen Stadt und dem Konzern Veolia gesplittet. Der Wasserpreis stieg in kurzer Zeit um 103% an. Wartungsarbeiten wurden vernachlässigt, folglich litt die Wasserqualität. Um die Sauberkeit des Wassers trotz maroder Rohre zu gewährleisten, habe man dem Trinkwasser Chlor beigemengt, berichtet ein ehemaliger Veolia-Mitarbeiter. Lobby-Arbeit, Korruption und Profitgier großer Konzerne – von den Privatisierungs-Gegnern befürchtete Folgen der Privatisierung.
Wasser gehört in öffentliche Hände
Doch wieso eigentlich soll der Wassermarkt überhaupt liberalisiert werden? Die Argumente der „Liberarisierer“ sind, dass private Unternehmen Experten in Sachen Wasserbewirtschaftung seien. Auch würden sich Wasserpreise im Wettbewerb des freien Marktes selbst regulieren. Mit dem Verkauf der Konzessionen könnten Städte ihre Schulden abbauen. Dies, so prangerte der Film „Water makes money“ an, erscheine jedoch nur vordergründig als Vorteil. Am Beispiel Braunschweig, wo sich Veolia seit zehn Jahren an der Wasserversorgung beteiligt, zeige sich, dass die Bürger die Kredite abbezahlten und nicht der Konzern. Der Investor habe also nichts investiert, sondern wälze die Kosten für den Erwerb der Konzession auf die Verbraucher ab.
Seit Jahren habe die EU die geltenden Regeln für die Wasserversorgung in einem schleichenden Prozess abgeschwächt, der nun in der neuen EU-Richtlinie gipfelt, erklärt Hirneis. „Die Bundesregierung hat dieser Richtlinie, entgegen aller öffentlichen Beteuerungen, bereits zugestimmt.“ Beim Treffen des EU-Ministerrates im Dezember 2012 stimmten die deutschen Vertreter für die Liberalisierung. Eingehend warnte Hirneis vor den Folgen der Privatisierung der Wasserversorgung, die möglicherweise schon in Kürze auch in München Realität werden könnte. Die öffentliche Kontrolle werde damit völlig entzogen. Auch seien profitorientierte Unternehmen an der Wasserversorgung in „rentablen Gebieten“ interessiert, was zu einer noch stärkeren ungleichen Verteilung des Wassers weltweit führen wird. Es seien begründete Sorgen, wenn mit der Verschlechterung der Wasserqualität und einem Preisanstieg gerechnet wird, da große Konzerne ein rein ökonomisches Interesse am Wasser haben. Mit Dumpingpreisen werde eingestiegen, um den Zuschlag für die ausgeschriebene Wasserkonzession zu bekommen. Dann jedoch würde mit drastischen Preiserhöhungen auf Verbraucherseite, Umsatz erwirtschaftet. Sauberes Trinkwasser könnte also schon bald zum Luxusgut werden.
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