"Werde meinem Enkel das Fahrradfahren beibringen"
Nach dem Wechsel im Bezirksausschuss: Ludwig Weidinger und Hans Bauer im Gespräch
Das Ergebnis in der konstituierenden Sitzung des BA (Bezirksausschuss) 19 war knapp: Mit 19:17 Stimmen wurde Ludwig Weidinger (CSU) zum Vorsitzenden des Gremiums bestimmt. Sein Vorgänger Hans Bauer (SPD) musste nach 27 Jahren diesen Platz räumen. Tanja Beetz befragte beide.
"Nicht einzuhaltende Erwartungen geweckt"
Herr Bauer, wie geht es Ihnen nach dem überraschenden Wahlergebnis?
Hans Bauer: Die Entscheidung ist natürlich eine Enttäuschung nach so vielen Jahren erfolgreicher Arbeit, die ja niemand in Frage stellt. Die Grünen-Fraktion wird ihr Abstimmungsverhalten noch bedauern, wenn sie politisch gefordert sind. Bekanntlich haben alle Dinge aber auch zwei Seiten. Ich habe nun ein stressfreieres Leben und vor allem viel mehr freie Zeit für mich und meine Familie. Die freut sich schon darauf, so werde ich z.B. meinem Enkel das Fahrradfahren beibringen.
Der 19. Stadtbezirk ist ein Viertel, das sich im Umbruch befindet (Südseite, Sparkassenhochhaus...). Was trauen Sie ihrem Nachfolger gerade in diesen stadtplanerischen Bereichen zu?
Hans Bauer: Es ist weniger die Frage, was ich Herrn Dr. Weidinger zutraue, sondern eher, ob er in der Lage ist, sich gegen Kuffer & Co durchzusetzen. Es wurden ja im Wahlkampf Erwartungen geweckt, die bei nüchterner Betrachtung nicht einzuhalten sind, z.B. ist eine Bürgerbeteiligung keine verbindliche Entscheidung und die Aufgabe der gewählten Vertretung - hier des BA - ist es, nicht den Partikularinteressen das Wort zu reden, sondern den gesamten Stadtbezirk im Auge zu haben.
Die SPD wirft mit Blick auf das Wahlergebnis den Grünen vor, Mehrheitsbeschaffer der CSU zu sein. Sind Sie enttäuscht vom Abstimmungsverhalten der Grünen? Können Sie sich eine weitere Zusammenarbeit mit den Grünen grundsätzlich vorstellen?
Hans Bauer: Ja, enttäuscht bin ich und die SPD - es gäbe schließlich mit uns weit mehr inhaltliche Übereinstimmung bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben im Stadtbezirk. Eine zukünftige Zusammenarbeit kann ich mir trotzdem vorstellen. Schließlich ist der BA ein politisches Gremium und die Grünen werden ihre Grundsätze im Bereich der Ökologie und einer solidarischen Stadtgesellschaft nicht aufgegeben haben.
Welche ist die größte Herausforderung, vor der Ludwig Weidinger steht?
Hans Bauer: Wenn er das Amt des Vorsitzenden umfänglich ausüben will, muss er sehr viel Zeit und Energie aufwenden.
"Jeder wird seine Ziele eigenständig verfolgen"
Herr Weidinger, wie geht es Ihnen nach dem überraschenden Wahlergebnis?
Ludwig Weidinger: Danke, es geht mir sehr gut und ich freue mich auf die neue Aufgabe als BA-Vorsitzender. Über die vielen Glückwünsche zu meiner Wahl habe ich mich auch sehr gefreut. Im Übrigen war das Ergebnis auch nicht so überraschend. Wer die Stimmenverhältnisse und Meinungen der Mitglieder im BA 19 genauer kennt, musste mit einem sehr knappen Ergebnis rechnen.
Der 19. Stadtbezirk ist ein Viertel, das sich im Umbruch befindet (Südseite, Sparkassenhochhaus...). Werden in diesen stadtplanerischen Bereichen die jahrzehntelangen Erfahrungen, Fachkenntnisse und Netzwerke Ihres Vorgängers Hans Bauer nicht fehlen?
Ludwig Weidinger: Ein Wechsel im Vorsitz ist ein normaler demokratischer Vorgang. Als neuer Vorsitzender habe ich natürlich noch nicht die Kontakte meines Vorgängers. Mit 18 Jahren Mitgliedschaft im Bezirksausschuss gehöre ich aber sicher zu den erfahrendsten Mitgliedern. Die Zukunft wird zeigen, ob Herr Bauer und die SPD-Fraktion bereit sind, ihre Fachkenntnisse weiter in die BA-Arbeit zum Wohle des Stadtviertels einzubringen.
Die SPD wirft mit Blick auf das Wahlergebnis den Grünen vor, Mehrheitsbeschaffer der CSU zu sein. Wird es künftig eine grundsätzliche schwarz-grüne Zusammenarbeit geben?
Ludwig Weidinger: Zuallererst möchte ich betonen, dass jedes einzelne BA-Mitglied selbst das Recht hat, zu entscheiden, wen es wählt. Bei den Mehrheitsverhältnissen im BA ist davon auszugehen, dass sich ein Teil der Grünen-Fraktion bewusst für mich entschieden hat. Bei den Gesprächen vor der Wahl haben Grüne und CSU immer gegenseitig betont, dass sie keine Koalition anstreben. Es gab keine Absprachen zu Sachthemen. Jede Fraktion wird ihre politischen Ziele weiter eigenständig verfolgen. Dagegen war der CSU bei den Verhandlungen sehr wichtig, dass alle Fraktionen entsprechend ihrer Stärke auch Funktionen im BA übernehmen sollen. Nur so ist ein konstruktives Miteinander aller Fraktionen für das Wohl unseres Stadtviertels möglich. Wenn man sich die Verteilung der Unterausschussvorsitzenden und Beauftragen ansieht, ist das meines Erachtens auch sehr gut gelungen. Die SPD-Fraktion kann sich nicht darüber beschweren, dass sie von der BA-Mitarbeit personell ausgegrenzt worden wäre.
Welche ist Ihrer Meinung nach die größte Leistung von Hans Bauer?
Ludwig Weidinger: Dieses Urteil überlasse ich den Bürgerinnen und Bürgern.
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