Mittelschullehrer dringend gesucht
Sondermaßnahme soll Realschul- und Gymnasiallehrer locken
An staatlichen Mittel- und Berufsschulen herrscht nach wie vor erhöhter Lehrerbedarf. Ein Grund hierfür ist die zunehmende Beschulung von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Um diesen Bedarf decken zu können, warb das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst auch für das Schuljahr 2016/2017 mit einer Sondermaßnahme um Lehrer. „Begleitete Qualifizierung“ nennt sich diese Maßnahme, die Realschul- und Gymnasiallehrer für einen dauerhaften Einsatz an Mittel- und Berufsschulen begeistern soll.
Dem Merkblatt des Kultusministeriums zur „Begleiteten Qualifizierung“ ist zu entnehmen, dass sich das Mittelschul-Angebot vor allem an junge Gymnasial- und Realschullehrkräfte mit „mindestens einjährige Mittelschulerfahrung und mit zwei Fächern“ sowie „Studienreferendare für Gymnasium bzw. Realschulen, die das 2. Staatsexamen im Sommer 2016 für das Lehramt erfolgreich mit zwei Fächern“ abgeschlossen haben, richtet. Im ersten Fall dauert die Maßnahme ein Jahr, ohne die vorherige Erfahrung an einer bayerischen Mittelschule zwei Jahre. Bis zu 160 Lehrkräfte sollen auf diese Weise für das kommende Schuljahr rekrutiert werden; ihr Einsatz ist in allen bayerischen Regierungsbezirken auf Vollzeit mit 27 Lehrwochenstunden geplant.
Die Bewerbungsfrist für das kommende Schuljahr endete am 6. Juli, die „Auswahl für die Maßnahme erfolgt innerhalb einer Fächerverbindung nach dem Leistungsprinzip“, heißt es von Seiten des Ministeriums. Aktuell werden den Bewerbern für das Schuljahr 2016/2017 die Zu- bzw. Absagen zugeschickt.
Erneute Prüfungen
Die „Begleitete Qualifizierung“ geht natürlich mit Leistungsansprüchen an die jungen Lehrer einher. So müssen Lehrkräfte mit bereits einjähriger Mittelschulerfahrung „pro Halbjahr insgesamt 10 Seminarveranstaltungen inbesondere in den nicht studierten Fächern“ ableisten und sich einer „Bewährungsfeststellung durch die Schulaufsicht“ unterziehen. Diese besteht aus der „Unterrichtsvorführung in 3 Fächern“ und einem „30-minütigen Kolloquium zu wesentlichen Lehrplanthemen und didaktischen Fragen der Mittelschule“. Diese Bewährungsfeststellung leisten auch fertig ausgebildete Studienreferendare, anstelle von Seminarveranstaltungen wird ihnen im ersten Jahr jedoch eine Mittelschullehrkraft unterstützend zur Seite gestellt.
Gerade für diejenigen Junglehrer, die im Sommer 2016 ihr 2. Staatsexamen abgelegt haben, bedeutet das im Grunde genommen: Nochmals zwei Jahre „Referendariat“ dranhängen, um eine Lehramtsbefähigung für das Lehramt an Mittelschulen zu erlangen. Wieso sollte man sich mit einer höheren Qualifizierung also darauf einlassen?
Beamtenverhältnis winkt
Um Gymnasial- und Realschullehrer für die Sondermaßnahme zu begeistern, ist das Ministerium bereit, Zugeständnisse zu machen. So erhalten die Bewerber „einen befristeten Arbeitsvertrag in Endgeltgruppe 11 (entspricht in etwa der Besoldungsgruppe A12) in Vollzeit mit der Zusage auf Verbeamtung als Lehrer in der Besoldungsgruppe A12 nach erfolgreichem Abschluss der Maßnahme“. Sprich: Volles Gehalt sowie die für Real- und Gymnasialschullehrer rar gewordene Aussicht auf Verbeamtung. Das Beamtenverhältnis wird jedoch nicht verschenkt, denn die „Zusage der Verbeamtung als Lehrer/Lehrerin in Besoldungsgruppe A12“ erfolgt nur „bei zuerkannter Bewährung und Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen für eine Berufung ins Beamtenverhältnis“, heißt es im Merkblatt. Welche „persönlichen Voraussetzungen“ genau vorliegen müssen, steht jedoch nirgends.
Das Merkblatt für die „Begleitete Qualifizierung“ für das Lehramt an Mittelschulen kann unter dem Link www.km.bayern.de/lehrer/stellen/mittelschule.html eingesehen werden. Weitere Informationen zu den Einstellungsmöglichkeiten und -verfahren an Mittelschulen gibt es unter www.km.bayern.de im Internet.
1.600 Bewerber für 900 Plätze
Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich erklärt zur „Begleiteten Qualifizierung":
"Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die nach der Grundschule an der Mittelschule weiterlernen, liegt seit einigen Jahren bayernweit stabil bei rund 30 Prozent eines Jahrgangs. Die Mittelschule hat ein gutes pädagogisches Angebot mit einem besonderen Fokus auf der Berufsorientierung. Die an der Mittelschule vermittelten Kompetenzen werden von Wirtschaft, Industrie und Handwerk geschätzt. Die Mittelschulen leisten auch großartige Arbeit bei der Integration von Kindern und Jugendlichen, die als Flüchtlinge nach München kommen. Dort können sie in besonderen Übergangsklassen die deutsche Sprache und unsere Grundwerte lernen. Angesichts des starken Zustroms von Asylbewerbern und Flüchtlingen in den letzten beiden Jahren brauchen wir zusätzliche Lehrkräfte an den Mittelschulen.
Für diesen gestiegenen Bedarf schließen zur Zeit nicht genügend Mittelschullehrer ihre Ausbildung ab. Aus diesem Grund können sich Realschul- und Gymnasiallehrer im Rahmen einer sogenannten "Sondermaßnahme" berufsbegleitend nachqualifizieren. Innerhalb von bis zu zwei Jahren werden diese Lehrkräfte an der Mittelschule intensiv begleitet, um mit den besonderen Anforderungen des Unterrichts an dieser Schulart vertraut zu werden. Diese Begleitung ist wichtig: Ein Realschul- oder ein Gymnasiallehrer unterrichtet in der Regel nur zwei Fächer. Ein Mittelschullehrer ist dagegen immer ein Klassenlehrer, das heißt er unterrichtet eine Klasse in allen Fächern.
Diese berufsbegleitende Nachqualifizierung gibt es seit dem Schuljahr 2015/2016 und sie wird auch im neuen Schuljahr 2016/17 weiter angeboten. Insgesamt konnten bayernweit über 900 Realschul- und Gymnasiallehrkräfte in diese Nachqualifizierung aufgenommen werden. Das Interesse an der berufsbegleitenden Nachqualifizierung für die Mittelschulen war mit rund 1.600 Bewerbern für die über 900 Plätze groß. Zur Zeit werden viele für die Realschule oder das Gymnasium ausgebildete Lehrkräfte fertig, für die es an diesen Schularten keine Einstellungsmöglichkeiten gibt.
Die Nachqualifizierung für die Mittelschule ist für sie eine gute Alternative: Sie ist berufsbegleitend, d.h. die Bewerber verdienen von Anfang an. Am Ende steht nach erfolgreicher Bewährung die Zusicherung einer Verbeamtung. Dafür müssen die üblichen beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein."
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