„Blick nach vorne richten“
Die Ergebnisse des Verkehrsworkshops bieten wenig Erhellendes
Die Ergebnisse des Workshops zur Verkehrssituation im 23. Stadtbezirks sind da – über zwei Jahre nachdem die Veranstaltung, bei der auch Bürger mitdiskutierten, durchgeführt wurde. In Arbeitsgruppen benannten sie Konflikte, Mängel und Probleme, entwickelten aber auch Ideen und mögliche Vorschläge zur Lösung der Verkehrsprobleme in ihrem Stadtteil. Verkehrsprobleme gibt es in Allach-Untermenzing mehr als genug, die Themen beim Workshop waren und sind altbekannt: neben der Allacher Straße und ihrer Bahnunterführung, unter anderem der Schleichverkehr im Stadtteil, die Belastung der Wohnviertel durch den Lkw-Verkehr, die Erschließung der Gewerbegebiete westlich der Würm, die Sicherheit im Straßenraum vor allem für Fußgänger und Radfahrer, die Beeinträchtigungen im Alltagsleben durch Verparkung, Lärm oder Stau, die zusätzliche Verkehrsbelastung durch Nachverdichtungen, das neue Stadtteilzentrum am Oertelplatz, diverse Kreuzungsbereiche wie zum Beispiel an der Eversbuschstraße und dem Paul-Ehrlich-Weg oder an der Ludwigsfelder Straße.
„Trotz der ergebnisoffen formulierten Fragestellungen wurden ausnahmslos Themen und Probleme angesprochen, die der Verwaltung bereits bekannt sind“, heißt es in der Beschlussvorlage des Referats für Stadtplanung und Bauordnung. Die Ergebnisse des Workshops werde man in die jeweiligen rechtlichen Planungsverfahren einbringen beziehungsweise bei den darauf aufbauenden weiteren Projektplanungen oder Einzelplanungen entsprechend berücksichtigen.
Ausbau der Allacher Straße
Immerhin eines ist aber doch klar: Der Erstausbau der Allacher Straße soll jetzt endlich vorangebracht werden. Von Seiten des Referats für Stadtplanung und Bauordnung werden die Anregungen aus dem Workshop nun aufgegriffen, „soweit dies überhaupt als möglich angesehen wird. Wann, wie und wo, ist ungewiss“, betont CSU-Stadträtin und Stadtteil-Chefin Heike Kainz. Die erstmalige Herstellung der Allacher Straße ist bekanntlich seit vielen Jahren ein Dauerbrenner. „Dieses Thema beschäftigt den BA seit 2007. 2008 wurde angekündigt, dass die Maßnahme 2010 erledigt sein sollte. Dann kam 2012 die Beschlussvorlage für den Ausbau. 2012 wurde im Stadtrat auf Antrag der SPD der Beschluss für den Verkehrsworkshop getroffen, der dann tatsächlich erst im März 2013 erfolgte. Der Erstausbau wurde gleichzeitig vorerst zurück gestellt“, erklärt die Vorsitzende des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing (BA 23). Das Gremium habe 2013 zu den Ergebnissen des Workshops Stellung genommen, allerdings finde sich nicht wirklich viel in der aktuellen Beschlussvorlage davon wieder, aber wenigstens gehe es jetzt nach drei Jahren des Wartens endlich weiter, meint Kainz.
„Grundsätzlich sind moderne Bürgerbeteiligungsformen wichtig und außerordentlich begrüßenswert, jedoch sollten sie zum jeweils passenden Zeitpunkt erfolgen und nicht dazu führen, dass wichtige Baumaßnahmen um Jahre verzögert werden“, so die BA-Vorsitzende weiter. „Auch sollten die Anregungen, die dort erarbeitet werden, im Weiteren – und zwar nicht nur auf dem Papier – berücksichtigt werden. Ansonsten kann man sich das Ganze sparen, und zwar schon wegen der Mühe und der Zeit, die alle Beteiligten ansonsten vergeblich aufgewendet haben, und auch wegen des beträchtlichen Aufwandes an Geldmitteln, die man sonst anderweitig evtl. sinnvoller einsetzen könnte.“
„Politshow statt sachbezogene Arbeit“
Grundsätzlich zufrieden ist man mit der Beschlussvorlage im BA 23 also nicht. Das macht auch Falk Lamkewitz deutlich: „Das klang doch prima: Der Stadtrat beschloss in Allach-Untermenzing einen Verkehrsworkshop durchzuführen. Allein die Organisationskosten lagen bei 12.000 Euro, ohne dass die folgenden Kosten der jahrelangen Vor- und Nachbearbeitung in der Verwaltung enthalten wären. Das nennt man jetzt Bürgerbeteiligung“, erklärt der Grünen-Fraktionssprecher. „Jeder darf seine Ideen zur Verkehrserschließung im Stadtteil beisteuern.
Nachdem jedoch der Bezirksausschuss sich bei jeder Sitzung seit Jahrzehnten mit nahezu jedem Verkehrsthema im Stadtteil beschäftigt hat, war von vornherein klar, dass es hier mehr um eine Politshow gehen sollte, als um sachbezogene politische Arbeit.“ Seine grüne Fraktion im BA 23 habe dringend davor gewarnt, sich an dem Spektakel zu beteiligen, da nur eines am Ende klar sein konnte, „der Bürger wird verschaukelt und nichts wird geschehen“. Man erwecke zuerst den Eindruck, dass der Bürger sich an den Problemlösungen beteiligen dürfe, wisse aber von vornherein, dass dabei nichts herauskommen werde, „da die Stadtverwaltung sich nicht um die Wünsche der Bürger schert, sondern ihre eigenen Vorstellungen verfolgt“, so Lamkewitz. „Der unschöne Nebeneffekt ist, dass zum Beispiel der dringend erforderliche Ausbau der Allacher Straße um zirka fünf Jahre verzögert und natürlich wesentlich teurer sein wird. Bezeichnender Weise hört und sieht man auch keinen der Stadträte oder Bürgermeister, die sich dafür einsetzen würden, dass die Bürgerthemen auch realisiert werden.“
„Neue Ideen werden abgewürgt“
Aus Sicht von Henning Clewing leidet die Verkehrsplanung hauptsächlich an drei Mängeln. „Erstens einem zu knappen Zeithorizont. In der Regel endet dieser um das Jahr 2030, und die Planung befasst sich überwiegend mit Entwürfen von Plänen für Siedlungsvorhaben, die bereits beschlossen sind, zum Beispiel Gerberau, Diamalt-Gelände und demnächst die Hirmerei.“
Als zweiten Punkt prangert Clewing die Dogmengläubigkeit an. „Die meisten Schwierigkeiten entstehen beim Straßenverkehr. Es ist ein selbstverfertigtes Dogma des Planungsreferats, dass es in Allach-Untermenzing ausreiche, nur zwei Ost-Westachsen zu haben – Ludwigsfelder Straße und Von-Kahr-Straße – sowie mit der Eversbuschstraße eine Nord-Südachse. Dieses Dogma halte ich für keinesfalls zukunftsfähig“, so der FDP-Politiker. Vor Jahrzehnten sei beschlossen worden, die damals in der Planung vorgesehene Würmparallele aus der Planung herauszunehmen. Man habe sie nicht für nötig gehalten, „und diese Ansicht fand damals großen Anklang bei den Bewohnern des Stadtbezirks“.
Heute sei klar, dass schon der heutige Verkehr Schwierigkeiten habe, mit der Eversbuschstraße auszukommen, vom zukünftigen ganz zu schweigen. Das Umdenken im Planungsreferat finde aber nicht statt. „Im Gegenteil, neue Ideen, die wenigstens teilweise in die richtige Richtung weisen, wie beispielsweise die Fortsetzung der Parallele zur Schöllstraße bis zum Haltepunkt Karlsfeld, werden abgewürgt“, kritisiert Clewing. Zudem erkennt das langjährige BA-Mitglied eine gewisse Selbstzufriedenheit in der Verwaltung. „Beunruhigend ist, dass die Mängel nicht nur nicht gesehen, sondern ausdrücklich geleugnet werden, und dass man im Planungsreferat ganz offenbar mit diesem Zustand und seiner Handhabung hoch zufrieden ist.“
Blick nach vorne richten
Und wie geht es nun weiter? Zum einen bleibt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung beauftragt, das Ergebnis des Workshops in derzeit laufende und zukünftige Planungen im 23. Stadtbezirk einzubeziehen. Zum anderen wird das Baureferat gebeten, den Bauausschuss erneut mit der bereits am 12. Juni 2013 vertagten Projektentwicklung zur erstmaligen Herstellung der Allacher Straße zu befassen und die Projektgenehmigung herbeizuführen.
„Ich freue mich sehr, dass die Ergebnisse aus dem Verkehrsworkshop nun dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt werden und damit gleichzeitig der Startschuss für den dringend notwendigen Ausbau der Allacher Straße gegeben werden soll. Dem sollte jetzt nichts mehr im Wege stehen“, betont SPD-Fraktionssprecher Pascal Fuckerieder. „Die Vorlage ist weitgehend eine Zusammenfassung des Workshops, enthält also keine fertigen Lösungen für die diskutierten Themen. Es wurde viel über den Sinn und die Notwendigkeit des Workshops diskutiert. Das sollten wir nun alle abschließen und den Blick nach vorne richten“, so der Vorsitzende des Unterausschusses Verkehr im BA 23.
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