Kinder brauchen Platz: "Wir bauen Zukunft"
Aktion Sonnenschein erweitert Montessori-Zentrum an der Heiglhofstraße
Kinder mit und ohne Behinderung lernen miteinander und voneinander: Diese Vision hatte Kinderarzt Professor Theodor Hellbrügge schon in den 1960er Jahren. Damals verfolgte der Staat noch mit großem Aufwand die Trennung in Sondereinrichtungen. Als Gegenpol dazu gründete Hellbrügge 1968 die Aktion Sonnenschein. Er nannte sein Konzept „Integration“ (heute Inklusion genannt) und setzte es gegen die damals geltende Rechtslage durch.
Erst 2006 durfte Professor Hellbrügge erleben, wie seine Idee im Rahmen der UN-Menschenrechtskonvention international als richtig anerkannt wurde.Die Aktion Sonnenschein war und ist mit ihrer gesellschaftlichen Vision ein aktiver Vordenker und Wegbereiter. Mittlerweile ist „Teilhabe“ ein zentrales Menschenrecht. Damit stehen der Mensch und seine Rechte auf Teilhabe, Gleichbehandlung und Selbstbestimmung im Mittelpunkt. Die Aktion Sonnenschein verfolgt diese Zielsetzung unter anderem mit ihren pädagogischen Einrichtungen, als „Montessori-Zentrum der Vielfalt“, bereits seit vielen Jahrzehnten.
Platz für inklusive Arbeit
1985 bezogen der Montessori-Integrationskindergarten, die inklusive Montessori-Schule und die Heil-
pädagogische Tagesstätte der Aktion Sonnenschein das neu errichtete „Kinderzentrum“ in Großhadern. Gegründet wurde die Montessori-Schule schon 1972. Bereits seit damals besteht eine Außenstelle mit vier Klassen in Sendling, für die im September 2016 der Erbpachtvertrag ausläuft. Dann sollen die vier Klassen mit an den Hauptsitz umziehen. Dadurch lässt sich das Lernprinzip der „Bildungsdörfer“ optimieren (eine innovative Form des Unterrichts). Im Gebäudebestand in Großhadern sind von 35 Klassen derzeit sechs Klassen in zweckentfremdeten Räumen untergebracht, zwei weitere in einem Containerbau. Eine Klasse konnte wegen fehlender Räume nicht gebildet werden.
Daher ist ein Erweiterungsbau dringend notwendig. Nach einer kurzen, aber intensiven Planungsphase rollten Ende Juli die Bagger für den ersten Bauabschnitt an. Dieser schafft Platz für alle Klassen, für einige Fachräume und für das Ganztagesangebot. Im September 2016 soll der Bau fertig gestellt sein. Dann sind alle Bildungsdörfer zentral um ihren „Dorfplatz“ gruppiert.
In einem zweiten Bauabschnitt soll eine neue Sporthalle entstehen, die die Voraussetzung schafft, die bestehende Turnhalle in einen Multifunktionsraum (Mensa, Aula, Veranstaltungsraum) umbauen zu können. Der zeitliche Rahmen für Bauabschnitt zwei und drei ist allerdings noch offen und hängt von der Refinanzierung des ersten Teils ab.
Das "Bildungsdorf"-Konzept
2006 startete im Stammhaus schrittweise das neue „Bildungsdorf-Konzept“, um den Gedanken der Inklusion noch besser fördern und verwirklichen zu können. „Bildungsdörfer“ sind ein innovativer Lehransatz, der die starren Klassen- und Leistungsstrukturen in der Schule auflöst und somit jedem Kind genau die Förderung zukommen lässt, die es benötigt, um ideal lernen zu können und bestmöglich gefördert zu werden. Durch zusätzliche Fachkräfte konnten außerdem die individuelle Förderung intensiviert, flexibler gestaltet und die integrativen Nachmittagsangebote ausgebaut werden.
Inklusion ist seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahre 2009 auch in der
Schule verpflichtend. Die Realität sieht jedoch derzeit noch anders aus. Der Inklusionsanteil im Schul-
jahr 2013/2014 lag bei Kindern mit Förderbedarf bei 31,4 Prozent. Bayern liegt mit 26,17 Prozent
(Quelle: Kultusministerkonferenz) sogar noch unter dem bundesweiten Durchschnitt.
Pädagogik der Vielfalt
Studien belegen, dass das inklusive Lernen die geistigen und sozialen Fähigkeiten aller Kinder – ob mit oder ohne Förderbedarf – erhöht, wenn die Bedingungen stimmen. Hierzu gehören entsprechende Fachkräfte, die einen binnendifferenzierten Unterricht ermöglichen. Das heißt, dass die Lernziele und auch das Lerntempo den einzelnen Kindern angepasst werden müssen.
Die Montessori-Schule der Aktion Sonnenschein freut sich sehr, dass ihr nach über vier Jahrzehnten praktizierter Inklusion nun offiziell vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst das „Profil Inklusion“ verliehen wurde.
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