„Das hat nichts mit Religion zu tun“
Der „Allacher Dialog“ stand im Zeichen der Terroranschläge von Paris
Enge Nachbarschaft (v.l.): Ömer Cavusoglu, 2. Vorstand der Türkisch-Islamischen Gemeinde München-Allach, Nathalie Nußbaumer, Gemeindereferentin der Pfarrei Maria Himmelfahrt, Pfarrgemeindratmitglied Peter Hillebrand, Ilona Böhm, Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, und Recep Yerlikaya, 1. Vorstand der Türkisch-Islamischen Gemeinde München-Allach. (Foto: sb)
Respekt und Achtung – so lautet der Grundtenor des „Allacher Dialogs“, einer Veranstaltung, die gemeinsam von der Türkisch-Islamischen Gemeinde München-Allach und dem Pfarrgemeinderat Maria Himmelfahrt organisiert wird und der im Hinblick auf die Ereignisse in Paris vom Freitag, 13. November, eine verstärkte Bedeutung zukam. Zwei Tage später trafen sich Interessierte der beiden Gemeinden im Pfarrsaal Maria Himmelfahrt. Entwickelt hat die Idee zum „Allacher Dialog“ Peter Hillebrand. „Ich denke, ein interreligiöser Dialog ist unglaublich wichtig“, erklärt das Mitglied im Pfarrgemeinderat der Pfarrei Maria Himmelfahrt. „Wir sind Luftlinie nur 400 Meter entfernt vom Gebetsraum der Muslime. Mittlerweile pflegen wir einen intensiven Austausch.“
Im Rahmen des „Allacher Dialogs“ soll das Verbindende im Mittelpunkt stehen, sagt Peter Hillebrand, „nicht das Trennende“. Ihm geht es vor allem auch darum, „dass alle Religionen in unserer säkularisierten Welt im Grunde die gleichen Probleme haben". Und Ilona Böhm, Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, ergänzt: „Wir wollen mit diesen Gesprächen eine Kultur der Verständigung vertiefen und dazu beitragen, dass wir in Allach ein Gemeinwesen weiter entwickeln, das geprägt ist von Respekt und der Achtung vor anderen religiösen und kulturellen Traditionen.“ Dies sei in der heutigen Zeit wichtiger denn je.
„Wir verachten alle Terroristen“
Bei ihrem Treffen wollten die Teilnehmer eigentlich der vielen Millionen heimatlosen Menschen gedenken und sich über das Friedensgebot Gottes im Islam und im Christentum austauschen. „In beiden Religionen gibt es ein Friedensgebot. In unserem Dialog soll es auch darum gehen, wie schwierig es ist, dieses Friedensgebot im Alltag zu leben.“ Aber natürlich standen zu Beginn die Terroranschläge in Frankreich im Mittelpunkt. Für die Opfer von Paris gab es eine Schweigeminute. „In Worten kann man die schrecklichen Ereignisse nicht beschreiben“, betonte Recep Yerlikaya, 1. Vorstand der Türkisch-Islamischen Gemeinde München-Allach. „Wir verachten alle Terrororganisationen und alle Terroristen. Das hat nichts mit Religion zu tun. Im Koran steht: Wer einen Menschen tötet, tötet die ganze Menschheit.“
Im Hinblick auf die Flüchtlingssituation betonte er, dass sich Deutschland derzeit im Ausnahmezustand befinde. „Alle gläubigen Menschen, egal ob Christ oder Moslem, sind viel mehr verpflichtet zu helfen. Die meisten Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen sind Moslems. Da müssen wir natürlich noch sehr viel mehr machen und spenden – egal ob Kleidung, Gebetsteppiche oder den Koran. Wir machen zwar auch schon sehr viel, aber oft hapert es einfach an der Organisation.“ Flüchtlinge bräuchten die Solidarität der Menschen, das betonte auch Peter Hillebrand. „Wie verzweifelt müssen Menschen sein, die sich aus dem Nahen Osten oder aus Afrika auf diesen weiten und gefährlichen Weg machen?“
"Verständnis aufbauen"
Auch Pfarrer Martin Joseph wies darauf hin, wie wichtig ein Austausch der Religionen ist: „Der dialogische Austausch ist immer wie gegenseitiges Lernen. Wir müssen Verständnis füreinander aufbauen. Die Moschee in Allach soll zum Stadtviertel gehören. Das muss Realität werden, auch wenn das natürlich ein Prozess ist. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg. Bei uns im Stadtviertel klappt das hervorragend mit der Nachbarschaft.“ Das sieht auch Recep Yerlikaya so: „In Allach läuft das beispielhaft. Aber natürlich können wir das Ganze nach wie vor noch vertiefen.“
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