„Wir müssen um jeden Baum kämpfen“
Bewohner der Wohnanlage an der Agnes-Bernauer-Straße sorgen sich
Wie viele Wohnungen sollen gebaut werden? Wo soll die Zufahrt zur Tiefgarage entstehen? Wird der grüne Innenhof gänzlich durch die neue Bebauung vernichtet? Aber vor allem: Ist mit einer Mieterhöhung zu rechnen? Diese und andere Fragen im Gepäck wandten sich etliche Bewohner der Agnes-Bernauer-Straße 1 vergangene Woche an den Laimer Bezirksausschuss (BA 25). Die Patrizia Immobilien AG plant die Neuerrichtung des Daches in der Wohnanlage Agnes-Bernauer-Straße 1. Neuer Wohnraum wie auch auch eine Tiefgarage, ein Spielplatz sowie ein Fahrrad- und ein Müllhäuschen sollen hier entstehen. Neben vielen Sorgen und Ängsten über mögliche Folgen, die die beabsichtigten Baumaßnahmen für sie haben könnten, äußerten die Bestandsbewohner aber auch ihren Ärger darüber, dass sie von der Patrizia bislang in keiner Weise informiert wurden.
Nachteile für Bestandsbewohner
Plötzlich liegt ein Bauantrag der Patrizia Immobilien AG vor, der sowohl die Bewohner der Wohnanlage als auch die Mitglieder des Laimer BA unvorbereitet erreicht. Beabsichtigt ist es, eine zweite Dachgeschossebene in der Wohnanlage der Agnes-Bernauer-Straße auszubauen, um hier insgesamt 19 neue Wohnungen zu schaffen, die dann hochpreisig verkauft werden. Von den 15 vorhandenen Treppenhäusern sollen acht mit Liften ausgestattet werden. Der Haken an den neuen Aufzügen ist jedoch, dass sie in den Zwischengeschossen anhalten und somit also für die Bestandsbewohner nicht barrierefrei zugänglich sind. Lediglich die neuen Bewohner der Dachgeschosswohnungen könnten die Aufzüge tatsächlich zielgerecht nutzen. Der Plan, eine neue Tiefgarage zu bauen, könnte da sinnvoller erscheinen, wäre denn nicht der Umstand, dass diese nur 30 Stellplätze zur Verfügung stellen und somit wieder bloß für einen Bruchteil der Bewohner von Nutzen sein wird. Die Eigentümer und Mieter, die bereits in der Wohnanlage leben, hätten kaum einen Vorteil durch die neue Bebauung.
Grüner Hof soll hässlichen Zweckbauten weichen
Gerüchteweise drangen ein paar spärliche Informationen an die Bewohner der Agnes-Bernauer-Straße, was wohl demnächst in ihrer Wohnanlage geschehen soll. Die Anlage, die Mitte der 20-er Jahre gebaut wurde, beherbergt derzeit über 170 Bestandswohnungen. Besonders für junge Familien sei die Anlage ein „wunderschöner Wohnort“, erklärte ein junger Vater. Denn im grünen Innenhof sorgt der alte Baumbestand mit großen Linden, Eschen und Ahorn für einen idyllischen Spielort für die Kleinen. Nun ist die Sorge groß, dass der von allen Bewohnern geschätzte Innenhof bald nicht mehr existiert, denn die Zufahrt zur Tiefgarage müsste hier entstehen. Es bedeute eine erhebliche Verschlechterung für die Bewohner, wenn der ruhige Innenhof künftig durch Autos irritiert würde, erklärte ein Mann. Auch würden sowohl die Lärmbelästigung als auch der Verkehr den Innenhof als Spielort für die Kinder zerstören. Die jetzige „ruhige Oase“, die für den ganzen Stadtbezirk Laim von Bedeutung ist, könnte vernichtet werden, fürchtet eine Bewohnerin. Und die Sorgen erscheinen berechtigt. Den bislang uninformierten Bewohnern kann Anette Zöllner (CSU), Vorsitzende des Unterausschusses (UA) Bau im Laimer BA, aus dem vorgelegten Bauantrag Auskunft geben: Um die Tiefgarage, deren Dach später mit Spielplatz, Fahrradhäuschen und Müllhaus bedeckt werden soll, zu bauen, müssten 12 der 38 alten Bäume aus dem momentanen Bestand gefällt werden. „Die größere Hälfte des Innenhofes soll also komplett abgeholzt und frei gemacht werden. Damit werden auch die vier prächtigsten und den Innenhof prägenden Linden beseitigt, eine herrliche Innenhof-Oase mit grüner Lunge vernichtet und mit hässlichen Zweckbauten zubetoniert. Die geplanten Ersatzpflanzungen können diesen Baumfrevel nicht wieder gut machen“, heißt es dazu vom UA Bau.
Mieter müssen abwarten
Vorhandene Bauten, besonders aber das Grün werde in Laim zunehmend mit Füßen getreten, erklärte dazu BA-Chef Josef Mögele (SPD). Daher appellierte er an die Gremiumsmitglieder, trotz des vorherrschenden Wahlkampfes in dieser Sache zusammenzuhalten und den Bauantrag abzulehnen. “Wir müssen um jeden Baum kämpfen“, so Mögele. Auch müsse man sich gegen die immer stärker werdenden Luxussanierungen im Viertel wehren. Persönlich wolle er sich für die Bewohner der Wohnanlage einsetzen und sie unterstützen. Einstimmig beschloss der Laimer BA, neben der vehementen Ablehnung des Bauvorhabens, einen zusätzlichen Brief an die LBK zu formulieren, in dem um Stellungnahme zum Thema Bepflanzung gebeten wird. Auch soll ein Vertreter der Patrizia im BA Auskunft über die Planung geben. Indes werden sich die Eigentümer der Wohnanlage zusammentun und sowohl rechtlichen Beistand als auch Unterstützung der Laimer Bürgerinitiative „Lebenswertes Laim“ einholen. Sie wollen nun Akteneinsicht fordern und eventuelle Klage erheben. Diese Woche soll zudem ein Ortstermin, zu dem verschiedene politische Vertreter eingeladen sind, Klärung bringen. Für die Mieter ist die Situation ungleich schwieriger, darauf wies Katja Weizel hin, stellvertretende BA-Vorsitzende und Vorsitzende des Mieterbeirates. Sie könnten lediglich gegen eine Mieterhöhung vorgehen, sollten etwa die Kosten eines Aufzuges umgelegt werden, von dem sie jedoch gar nichts hätten.
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